Lohnpfändung: So gehen Sie bei Mitarbeitern vor

Lohnpfändung: So gehen Sie bei Mitarbeitern vor

Bei einer Lohnpfändung wird ein Teil des Arbeitslohns von einem oder mehreren Gläubigern beschlagnahmt.

Damit Sie als Arbeitgeber nicht überrascht sind, wenn eines Tages ein Antrag vom Vollstreckungsgericht zur Lohnpfändung für einen Ihrer Mitarbeiter eingeht, sollten Sie sich im Vorfeld damit befassen, welche Schritte auf Sie zukommen.

    Welche Pflichten kommen auf Arbeitgeber bei Lohnpfändung zu?

    Als Arbeitgeber sind Sie gesetzlich dazu verpflichtet, bei einer Lohnpfändung mitzuwirken. Sie müssen den pfändbaren Anteil des Lohns dann statt wie bisher an den Mitarbeiter direkt an den oder die Gläubiger abführen. Ihre Aufgabe ist es, den pfändbaren Lohn des Mitarbeiters zu berechnen und sich professionell um alle Formalitäten zu kümmern. Nehmen Sie Ihre Aufgabe ernst, um finanzielle Schäden oder Reputationsschäden für Ihre Firma zu vermeiden:

    • Wahren Sie den Datenschutz und Ihre Fürsorgepflicht für Ihren Mitarbeiter. Es wäre nicht zielführend, wenn Informationen zur Lohnpfändung öffentlich würden – dies würde nicht nur dem Ruf des Mitarbeiters, sondern auch dem guten Ruf des Unternehmens schaden.
    • Halten Sie die vorgegebenen Fristen ein. 
    • Halten Sie die vorgegebenen Pfändungsfreigrenzen ein.
    • Halten Sie sich an die korrekten Beträge, die Sie sowohl Ihrem Mitarbeiter als auch dem Gläubiger überweisen müssen. 

    Bei mutwilligen Falschangaben zur Höhe des tatsächlichen Gehalts oder zu weiteren Gläubigern des Arbeitnehmers machen Sie sich als Arbeitgeber strafbar und müssen selbst mit Schadenersatzforderungen rechnen.

    Nach § 840 Abs. 1 ZPO sind Sie als Drittschuldner dazu verpflichtet, dem Gläubiger innerhalb von zwei Wochen von der Zustellung des Bescheids an, detaillierte Auskunft zu folgenden Punkten zu erteilen:

    • Inwieweit Sie die Forderung als begründet anerkennen und zu einer Leistung von Zahlungen bereit sind
    • Ob es andere Personen gibt, die ebenfalls Ansprüche geltend machen
    • Ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet wurde

    Außerdem müssen Sie als Arbeitgeber prüfen, ob bereits ein Vorschuss gezahlt wurde und die Forderung erloschen ist, ob bereits frühere Pfändungen stattgefunden haben und welcher Gläubiger vorrangige Ansprüche hat. Diese Verpflichtung wird im Pfändungsbeschluss schriftlich verankert.

    Was müssen Arbeitgeber bei einer Lohnpfändung noch wissen?

    Sie müssen wissen, dass sie zuerst den Gläubiger bedienen müssen, dessen Antrag auf Pfändung als Erstes bei Ihnen eingeht. Der gesamte pfändbare Einkommensteil geht dann an diesen Gläubiger, bis die Schuld beglichen ist. Erst dann ist der nächste Gläubiger an der Reihe. 

    Weigern Sie sich, dem Pfändungsantrag nachzukommen, kann der Gläubiger zur Durchsetzung seines Rechts klagen und gegen Sie vollstrecken lassen. Kooperieren Sie daher von vorneherein und machen Sie es auf diese Weise für alle Beteiligten einfacher, denn eine Lohnpfändung abzulehnen ist nicht möglich.

    Schließlich ist es insbesondere für Ihren Mitarbeiter eine unangenehme Situation. Er muss von Ihnen auf seine privaten Schulden angesprochen werden, erhält zukünftig weniger Lohn und für Sie bedeutet eine Lohnpfändung einen Mehraufwand und viel Administration.

    Dieser administrative Mehraufwand ist für Arbeitgeber auch mit Mehrkosten verbunden. Um nicht auf diesen sitzen zu bleiben, können Sie Ihre Arbeitsverträge von vorneherein so ausgestalten, dass die Kostenübernahme bei einer eventuellen Lohnpfändung auf den Mitarbeiter übergeht. Nehmen Sie dafür einen Passus in den Vertrag mit auf, der beinhaltet, dass alle Kosten einer Lohnpfändung vom Arbeitnehmer zu tragen sind. Hier sollten Sie auch spezifizieren, wie sich diese Kosten zusammensetzen und auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit Bezug nehmen, der auch für Arbeitsverträge gilt. 

    Pfändungsgrenzen: Welche Lohnbestandteile sind pfändbar und welche nicht?

    Da Ihre Mitarbeiter ein Recht darauf haben, weiterhin die Lebensgrundlage für sich und ihre Familie zu finanzieren, können Sie natürlich nicht den vollen Lohn des Mitarbeiters pfänden. Schließlich würde er neue Schulden machen müssen, um sich weiterhin ernähren zu können.

    In der Zivilprozessordnung (ZVO) ist die gesamte Lohnpfändung geregelt, inklusive der Pfändungsgrenzen. Diese werden regelmäßig angehoben und hängen sowohl vom Einkommen als auch vom Vorhandensein eines Ehe- oder Lebenspartners sowie unterhaltspflichtigen Kindern ab. Voll pfändbar sind alle Lohn- und Gehaltszahlungen, geldwerte Vorteile sowie Feiertagszuschläge.

    Bestimmte Gelder wie Gefahrenzulagen, Urlaubsgeld oder Spesen sind nicht pfändbar. Ebenfalls unpfändbar sind:

    • Einmalzahlungen wie Geldleistungen aus Anlass eines Firmenjubiläums
    • Geschenke zur Hochzeit oder Geburt
    • Erziehungsgelder
    • Sterbegelder
    • Privat eingezahlte Beiträge zur Riester- oder Rürup-Rente

    Andere Teile des Einkommens sind anteilig pfändbar. Vom Weihnachtsgeld dürfen Mitarbeiter somit bis zu 630 Euro behalten, ebenso die Hälfte des Geldes, das für Überstunden ausbezahlt wird. Auch bei einer zu erwartenden Abfindung kann ein Teil davon geschützt werden – dies muss Ihr Mitarbeiter allerdings vor Gericht beantragen. 

    Bedingt pfändbar sind außerdem Berufsunfähigkeitsrenten oder Witwen- und Waisenrenten, Zahlungen von Krankenkassen oder Hilfskassen oder private Einkünfte aus Stiftungen. Diese dürfen nach Prüfung unter Umständen gepfändet werden, wenn der pfändbare Betrag nicht zur Tilgung der Schulden ausreicht.

    Wie hoch ist die Pfändungsgrenze für Lohnpfändungen in 2022?

    Seit 01. Juli 2022 gelten folgende Pfändungsgrenzen:

    • Der unpfändbare Grundbetrag (Pfändungsfreibetrag) des Arbeitseinkommens (Nettobetrag) beträgt seit Juli 2022 1.283,42 Euro.
    • Für die erste unterhaltspflichtige Person beträgt der zusätzliche unpfändbare Betrag 483,05 Euro.
    • Für die zweite bis fünfte unterhaltspflichtige Person kommen pro Person 269,11 Euro hinzu.

    Ab einem Nettoeinkommen von 4.077,72 Euro sind alle Beträge darüber hinaus voll pfändbar. 

    Die pfändungsfreien Beträge basieren auf Durchschnittspreisen für Miete, Lebensmitteln und Strom und sind in einer Pfändungstabelle gestaffelt nach Einkommen festgehalten. Alle zwei Jahre werden sie gemäß § 850c Abs. 2a ZPO angepasst. 

    Mit der individuell errechneten Pfändungsgrenze haben Sie eine klare, gesetzlich festgelegte Gehaltsgröße, die in keinem Fall pfändbar ist. Alle Informationen und detaillierten Berechnungsgrundlagen finden Sie ausführlich erläutert im Gesetzestext im Paragraph 850c ZPO.

    Nach der Pfändungsgrenze wird das restliche Gehalt automatisch an den Gläubiger versendet. © Joachim Lechner l Adobe Stock

    Lohnpfändung in 5 Schritten: Wie kommen Sie sicher durch diesen Prozess?

    1. Berechnen Sie zunächst sorgfältig das pfändbare Einkommen. Pfändungsrechner im Internet können hilfreich sein, ebenso die Zuhilfenahme von Lohnbuchhaltern oder einem Steuerberater. 
    2. Involvieren Sie Ihren Mitarbeiter. Er hat ebenfalls schriftlich Kenntnis vom Vollstreckungsbescheid erhalten und kennt daher alle Einzelheiten und Fakten sehr genau. Setzt sich Ihr Mitarbeiter nicht mit Ihnen in Verbindung (Gespräch), so vereinbaren Sie sobald wie möglich einen vertraulichen, professionellen Gesprächstermin. Das gehört zu Ihrer Sorgfaltspflicht. In diesem Gespräch können Sie ihm auch darlegen, welche Kosten auf ihn zukommen, falls Sie im Arbeitsvertrag einen Passus zur Kostenübernahme durch den Mitarbeiter bei Lohnpfändung inkludiert haben. Falls dieser Passus im Vertrag nicht existiert, sollten Sie dem Mitarbeiter dennoch die Kosten aufzeigen, die nun auf Sie zukommen. Dies kann ihn dafür sensibilisieren, künftig umsichtiger mit Geldgeschäften zu sein.
    3. Übermitteln Sie alle Informationen und Berechnungen an den Gläubiger. Verlangt der Gläubiger mittels einer Drittschuldnererklärung Auskunft über weitere Gläubiger und Forderungen gegenüber dem Schuldner, so stellen Sie dem Gläubiger auch diese Informationen wahrheitsgemäß und korrekt zur Verfügung. Dafür haben Sie 14 Tage Zeit.
    4. Überweisen Sie den pfändbaren Gehaltsbestandteil fristgerecht und in ordnungsgemäßer Höhe. Darüber müssen Sie den Mitarbeiter in Kenntnis setzen.
    5. Dokumentieren Sie die Lohnpfändung schriftlich, sorgfältig und nachvollziehbar. 

    Achtung: Erreicht Sie der Hinweis, dass Ihr Mitarbeiter in die Privatinsolvenz geht, müssen Sie die Lohnpfändung und die regelmäßige Überweisung des pfändbaren Gehaltsbestandteils unmittelbar einstellen, da diese durch die Privatinsolvenz ungültig wird.

    Was gilt für eine Unterhaltspfändung?

    Unterhaltszahlungen haben immer Vorrang vor der Lohnpfändung. Zahlt also ein Mitarbeiter den Unterhalt für seine Kinder nicht und hat Schulden, so müssen die Forderungen zurückgestellt werden und die Unterhaltspflichten werden vorgezogen. 

    Sollte Ihr Mitarbeiter seinen Unterhaltszahlungen nicht nachkommen und gleichzeitig auch eine Lohnpfändung gegen ihn vorliegen, so erhalten Sie ein offizielles, gerichtliches Schreiben, in dem festgesetzt ist, welcher Freibetrag dem Schuldner bleiben darf. Dieser Freibetrag liegt in den meisten Fällen unter der Pfändungsgrenze laut ZPO.

    Darf ein Mitarbeiter wegen Lohnpfändung gekündigt werden?

    In der Regel ist eine Lohnpfändung kein Grund zur Kündigung und das Arbeitsverhältnis läuft wie gehabt weiter. Nur wenn Sie nachweisen können, dass der Verwaltungsaufwand und die Kosten für Ihr Unternehmen im Zusammenhang mit der Lohnpfändung sehr hoch sind und Ihre eigenen Firmenabläufe in Gefahr sind, so kann dies ein Grund für eine ordentliche Kündigung sein. Der Auslöser könnten beispielsweise mehrere Vollstreckungsbescheide für Lohnpfändungen für einen Mitarbeiter sein.

    Kontopfändung vs. Lohnpfändung: Was bedeutet das für Arbeitgeber?

    Wenn Sie Ihrem Mitarbeiter seinen pfändungsfreien Gehaltsanteil überweisen, ist Ihre Pflicht getan. Für Ihren Mitarbeiter bedeutet das allerdings nicht, dass dieses Gehalt unantastbar ist. So kann es während einer Kontopfändung dazu kommen, dass Gläubiger auf das eigentlich geschützte Arbeitsentgelt zugreifen. 

    Um sich davor zu schützen, müssen Ihre Mitarbeiter ihr Konto in ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) umwandeln und einen Freibetrag einrichten lassen. Anschließend kann nur noch der Teil oberhalb des Freibetrags gepfändet werden. Als Arbeitgeber haben Sie dabei aber keine Aufgabe. 

    Fazit: Die Lohnpfändung souverän abwickeln

    Eine Lohnpfändung ist für Mitarbeiter unangenehm und für Arbeitgeber aufwändig. Als Arbeitgeber sind Sie zur Mitwirkung rechtlich verpflichtet und müssen die Berechnung der Lohnpfändung übernehmen sowie den gepfändeten Lohnanteil an den Gläubiger überweisen. Halten Sie sich an alle Fristen und seien Sie gewissenhaft, da andernfalls auch Sie belangt werden können.

    Am besten lassen Sie sich von einem Steuerberater helfen, falls Sie keine Lohnbuchhalter in Ihrer Firma haben. Pfändungsrechner und Tabellen zu den Pfändungsfreigrenzen geben Aufschluss darüber, welchen Anteil seines Gehalts Ihr Mitarbeiter noch erhält. Außerdem müssen Sie stets den Familienstand des Arbeitgebers berücksichtigen sowie die Anzahl der unterhaltspflichtigen Kinder. Das reduziert den zu pfändenden Gehaltsanteil. 

    Die Lohnpfändung ist häufig der letzte Schritt einer Zwangsvollstreckung, wenn alles andere nicht wirksam war. Gehen Sie diskret damit um und machen Sie es für sich und Ihren Mitarbeiter so leicht wie möglich. 

    FAQ: Häufig gestellte Fragen zur Lohnpfändung

    Welche Pflichten haben Arbeitgeber bei einer Lohnpfändung ihres Mitarbeiters?

    Sie müssen kooperieren, Auskunft erteilen, Pfändungsbeträge berechnen und die Auszahlung an den Gläubiger veranlassen.

    Woher wissen Arbeitgeber, wie viel des Lohns sie noch an den Mitarbeiter auszahlen?

    Es gibt Pfändungstabellen, die über die Pfändungsfreigrenzen Aufschluss geben. Auch Pfändungsrechner im Internet können helfen, die Höhe zu berechnen. Entscheidend ist, die Anzahl der unterhaltspflichtigen Personen zu berücksichtigen, die der Mitarbeiter zu versorgen hat. Dies mindert den zu pfändenden Gehaltsanteil.

    Kann ein Mitarbeiter wegen einer Lohnpfändung gekündigt werden?

    Eine Lohnpfändung ist kein Grund für eine außerordentliche Kündigung. Nur wenn Sie häufiger vorkommt und dem Betrieb viel administrativen Aufwand und Kosten beschert sowie die Reputation auf dem Spiel steht, dann kann dies ein Grund für eine ordentliche Kündigung sein.