Personalmangel in der Kita: Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel

Personalmangel in der Kita: Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel

Nicht erst seit Corona stellt die Organisation der Kinderbetreuung für viele berufstätige Eltern ein echtes Problem dar. Denn trotz des mittlerweile gesetzlich geregelten Anspruchs ist eine durchgängige Ganztagsbetreuung in vielen Kindertagesstätten aktuell schlichtweg nicht zu gewährleisten. Vor allem ein massiver Personalmangel macht den Kindertageseinrichtungen zu schaffen:

Laut Schätzungen des Deutschen Städtetages fehlen in den kommenden Jahren etwa 230.000 Erzieherinnen und Erzieher. Wo die Gründe für den Mangel an Fachkräften in der Kita liegen und welche Möglichkeiten es gibt, dem entgegenzutreten, lesen Sie hier.

    Gesetzesänderungen und fehlender Nachwuchs: Gründe für Personalmangel in der Kita

    Der Fachkräftemangel im Erzieherberuf war bereits vor der Corona-Pandemie ein Thema – besonders der demographische Wandel macht sich bereits seit Jahren auf dem Sektor der Kinderbetreuung bemerkbar: Die geburtenstarke Nachkriegsgeneration, bei der ein Beruf im Bereich Bildung und Erziehung noch deutlich beliebter war, ist mittlerweile im Rentenalter und zieht sich immer mehr vom Arbeitsmarkt zurück. Für den Nachwuchs bietet die Arbeit in Kindertageseinrichtungen mit einer verhältnismäßig hohen Verantwortung im Vergleich zu eher geringen Gehältern und Aufstiegsmöglichkeiten allerdings wenig Anreize. Die Zahl der Bewerber auf klassische Stellenanzeigen ist dementsprechend oft sehr niedrig.

    Zusätzlichen Druck üben außerdem die Gesetzesänderungen der letzten Jahre aus, mit denen für Eltern ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ab der Vollendung des ersten Lebensjahres besteht. Doch auch die zeitgemäßen Modelle der Lebens- und Familienplanung, bei der meist beide Elternteile in Vollzeit arbeiten, steigert den Ansturm auf Kindertagesstätten: Laut Angaben der Tagesschau gehen mittlerweile fast 61 Prozent der Kinder bis zum sechsten Lebensjahr in die Kita oder eine andere vorschulische Betreuungseinrichtung – was seit 2011 einen Anstieg von 22 Prozent bedeutet.

     Zwar versucht die Bundesregierung mit Maßnahmen wie dem Qualifizierungsprogramm „Fachkräfteoffensive Erzieherinnen und Erzieher“ die Ausbildungskapazitäten zu erhöhen und den Erzieherberuf attraktiver zu machen – doch diese Maßnahmen greifen nur langsam und helfen den Kindertagesstätten deshalb vorerst wenig über den personellen Missstand hinweg.

    Personalausfälle und Fluktuation: Wie Corona die Lage in der Kita verschärft hat

    Mit dem Einsetzen der Corona-Pandemie hat diese ohnehin schon prekäre Personalsituation weiter verschlechtert: Wegen des Infektionsrisikos mussten zahlreiche Kitas die Betreuung vorerst ganz einstellen oder durften nur eine sogenannte „Notbetreuung“ anbieten. Nicht nur aufgrund des geringeren Kurzarbeitergelds, sondern auch aus gesundheitlichen Bedenken kehrten in diesem Zuge viele Fachkräfte dem Erzieherberuf den Rücken.

    In Folge der erneuten Öffnung nach den Lockdowns sehen sich viele Kitas daneben mit zusätzlichen Problemen konfrontiert: Strengere Hygienevorschriften und Vorsichtsmaßnahmen bedeuten einen erheblichen Mehraufwand, auch auf personellem Niveau – so haben ungeimpfte Erzieherinnen beispielsweise aktuell bereits ab der 14. Schwangerschaftswoche einen Anspruch auf Freistellung mit Entgeltfortzahlung. Assistenzkräfte fallen dadurch oft sehr plötzlich und für einen deutlich längeren Zeitraum aus, was die Kitaleitungen häufig in Bedrängnis bringt. 

    Gut zu wissen: Entgegen mancher Gerüchte besteht auch ohne eine Impfung kein absolutes Beschäftigungsverbot für schwangere Erzieherinnen per Gesetz. Festgelegt wurde lediglich ein Anspruch auf Freistellung, über den die Betroffene selbst entscheiden kann. Arbeitet sie jedoch weiter, ist es Aufgabe des Arbeitgebers, die bestmöglichen Schutzvorkehrungen zu treffen – denn besonders Tätigkeiten mit Körperkontakt dürfen völlig ungeschützt nicht mehr ausgeübt werden.

    Doch auch die steigenden Infektionszahlen und damit verbundenen Quarantäne- und Krankheitsfälle setzen den Kindertagesstätten zu. Gerade in Einrichtungen mit chronischer Personalunterdeckung steigt damit der Druck auf Mitarbeiter und Ergänzungskräfte – die Teamqualität leidet erheblich. Fallen zu viele Fachkräfte aus, ist die Erfüllung der Aufsichtspflicht teilweise einfach nicht mehr zu gewährleisten – und den Kitaleitungen bleibt nichts anderes übrig, als die Einrichtung zu schließen.

    Das Personal in einer Kita trägt große Verantwortung für die Kinder. (c) Kzenon l Adobe Stock

    Recruiting auf Umwegen: Personalmangel in der Kita kreativ entgegentreten

    Der akute Fachkräftemangel bringt Kindertagesstätten und andere Einrichtungen zur Ganztagsbetreuung derzeit an ihre Grenzen. In dieser Situation ist es wichtiger denn je, Anreize zu schaffen und kreative Lösungen für das Recruiting zu finden. Auf der Suche nach Assistenzkräften kann es durchaus hilfreich sein, einmal über den Tellerrand zu sehen. 

    Personalbeschaffung in der Kita: Netzwerke nutzen und bestehende Kräfte mobilisieren

    Gerade wenn die Fachkräfte rar sind, kann ein Blick auf bereits bestehende Verträge sinnvoll sein. Teilzeitkräfte, die bereits für die Kita arbeiten, haben häufig noch freie Kapazitäten und sind manchmal selbst an einer Stundenaufstockung interessiert. Hierbei ist es ratsam, eventuelle Bereitschaften schon im Vorhinein abzuklopfen – denn ein personeller Engpass, z. B. wegen Krankheitsausfällen, lässt sich mit diesem Wissen im Hintergrund deutlich leichter auffangen.

    Doch auch Erzieher und Erzieherinnen, die bereits pensioniert oder aktuell im Mutterschutz sind, haben häufig Interesse an einer Aushilfstätigkeit. Gerade wenn die Erfüllung der Aufsichtspflicht gefährdet ist, bedeuten teilweise schon einige wenige Arbeitsstunden hilfreich und verbessern auch die Atmosphäre im Team erheblich. 

    Daneben ist die Kontaktpflege zu ehemaligen Beschäftigten häufig ebenfalls lohnenswert – denn nicht immer sind diese nach ihrem Jobwechsel zufrieden. Der große Vorteil: Diese „stillgelegten“ Fachkräfte benötigen in der Regel keine allzu intensive Einarbeitung mehr und sind dadurch schnell und flexibel einsetzbar.

    Ausbildungskapazitäten nutzen – Nachwuchs finden und fördern

    Auch auf anderen Ebenen lassen sich bereits bestehende Verbindungen oft ausbauen: So kann sich zum Beispiel ein Praktikum für beide Seiten als echtes berufliches Sprungbrett erweisen. Denn wenn die Teamqualität während des Praktikums stimmt, lassen sich Schülerinnen und Schüler bereits frühzeitig für den Erzieherberuf begeistern – und möglicherweise später sogar als Fachkraft gewinnen. 

    Auch Studierende sind nach einem erfolgreichen Praktikum meist offen für eine weitere Beschäftigung. Mit einem möglichen Arbeitspensum von bis zu 20 Stunden pro Woche können sie als Ergänzungskräfte ausgesprochen hilfreich sein – und sammeln dabei selbst auch noch wichtige Praxiserfahrung im Erzieherberuf. Häufig dürfen sie sogar schon während des Studiums selbstständig Aufgaben übernehmen: Denn in vielen Bundesändern gelten Studierende der Sozialpädagogik bereits als Fachkraft und können sogar auf den Personalschlüssel angerechnet werden. So lassen sich Betreuungszeiten und Aufsichtspflichten mit den flexiblen Aushilfskräften deutlich besser stemmen.

    Nicht selten führt eine solch frühe Verbindung zu Berufsanfängern auf Dauer sogar zu einer Umorientierung – denn nicht jeder Absolvent findet nach dem Studium schnell einen Job. Dabei kann sich sogar die Beschäftigung fachfremder Assistenzkräfte auszahlen: duale Ausbildungs- und Teilzeitmodelle machen den Umstieg in den Erzieherberuf wesentlich leichter und vermitteln die notwendigen Kenntnisse berufsbegleitend. 

    Vorgaben prüfen: Auch Quereinsteiger sind wertvoll

    Der Fachkräftemangel im Erzieherberuf hat auch die Einstellung der Politik verändert: Nach der Neufassung der Fachkräftevereinbarung in Rheinland-Pfalz ist des dort beispielsweise möglich, bis zu 30 Prozent der Kinderbetreuer durch profilergänzende Assistenzkräfte aus anderen Fachbereichen zu ersetzen. Auch diese können dabei vollwertig auf den Personalschlüssel angerechnet werden. Kitaleitungen sehen dies jedoch oft kritisch – die betreffenden Personen haben in vielen Fällen nämlich keinerlei pädagogische Vorbildung. 

    Das Bildungsministerium sieht in diesen Beschäftigungsverhältnissen aber weniger eine Gefahr als eine Chance – sowohl für die Kindergartengruppen als auch für die fachfremden Ergänzungskräfte. Häufig bringen diese tatsächlich spannende Fachkenntnisse mit: So könnte ein gelernter Gartenbauer den Kindern einen fundierten Zugang zur Natur vermitteln oder ein Handwerker praktische Fähigkeiten fördern. Viele der interessierten Assistenzkräfte sind zudem selbst Eltern und allein dadurch im Umgang mit Kindern geübter als gedacht. 

    Richtig eingesetzt können diese Ergänzungskräfte dazu beitragen, Betreuungszeiten zu sichern, neue Impulse einzubringen und so insgesamt die Teamqualität deutlich zu erhöhen. Eine aufgeschlossene Einbindung in den Erzieherberuf begeistert Quereinsteiger außerdem oft für eine ergänzende Aus- oder Weiterbildung – die meist sogar berufsbegleitend stattfinden kann. So bietet diese Öffnung auf Dauer die Chance, die dringend benötigten neuen Fachkräfte für Kindertageseinrichtungen gewinnen.

    Schon gewusst? Viele Erzieherinnen und Erzieher finden erst über Umwege zu ihrem Traumberuf. Besonders berufsbegleitende Ausbildungen mit der Möglichkeit zur Arbeit in Teilzeit werden dabei gern in Anspruch genommen. Ganze 65 Prozent der Studierenden in diesen Bereichen haben bereits eine andere nicht-pädagogische Ausbildung oder ein Studium hinter sich. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) haben außerdem selbst Kinder.

    Personalmangel in Kitas: Höhere Gratifikationen sind nicht alles

    Um auf Dauer eine Verbesserung hinsichtlich des Personalmangels in Kindertageseinrichtungen zu erreichen, ist vor allem die Sicherstellung eines zukunftsweisenden Systems wichtig. Ähnlich wie im Pflegesektor geht es in den Debatten dabei vor allem um ein Stichwort: Gratifikation. Denn sowohl die Entlohnung als auch die gesellschaftliche Anerkennung genügen den meisten Beschäftigten im Erzieherberuf nicht.

    Da die meisten Kitas jedoch in öffentlicher Hand liegen, fordern Experten vor allem ein umgehendes Handeln von Bund, Ländern und Kommunen: Die Erhöhung der Ausbildungskapazitäten, die Anpassung des Gehaltsniveaus sowie die Vergütung des schulischen Ausbildungsanteils könnten wichtige Anreize auf dem Arbeitsmarkt setzen. Und auch eine bundesweit einheitliche Anhebung des Personalschlüssels scheint nötig – denn laut der letzten Studie der Bertelsmann Stiftung über frühkindliche Bildung steht für ganze 74 Prozent der Kinder in amtlich erfassten Kita-Gruppen noch immer nicht genug Fachpersonal zur Verfügung. 

    Ob und inwiefern diese Forderungen umgesetzt werden, wird die Zukunft zeigen. Vorerst können Personaler allerdings selbst kreativ werden – und auch abseits der klassischen Stellenanzeigen auf Personalsuche gehen. Möglicherweise ergeben sich dadurch sogar neue Chancen für den Markt, von denen schließlich auch unsere Kinder – und damit die zukünftigen Fachkräfte – profitieren können.

    Häufig gestellte Fragen zum Thema Personalmangel in der Kita

    Wieso herrscht Personalmangel in der Kita?

    In vielen Einrichtungen herrscht Personalmangel, denn der Erzieherberuf ist einerseits nicht überdurchschnittlich bezahlt. Andererseits haben der demographische Wandel bei gleichzeitig erhöhtem Bedarf an Betreuungskräften zu einer Personalunterdeckung geführt.

    Wie kann man Personalmangel in der Kita begegnen?

    Kreatives Recruiting hilft, Fachkräftemangel in der Kita zu vermeiden. Egal ob Quereinsteiger, Studierende oder bestehende Kräfte zu mobilisieren – es gibt viele Möglichkeiten der Personalbeschaffung.