Verspätete Lohnzahlung – Konsequenzen für Arbeitgeber

Verspätete Lohnzahlung – Konsequenzen für Arbeitgeber

In einem Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden unterschiedliche Rechte und Pflichten beider Parteien geregelt.

Neben der Art der Tätigkeit, individuellen Verschwiegenheitsklauseln oder der Kündigungsfrist des Arbeitsverhältnisses, ist eine der Hauptverpflichtungen für Unternehmen die Zahlung des vertraglich vereinbarten Lohns. Lohnzahlung und Gehaltszahlung sind hierbei als sogenannte Bringschuld für das Unternehmen anzusehen.

    Wann sind Lohnzahlung oder Gehaltszahlung fällig?

    Die Fälligkeit der Vergütung Ihres Mitarbeiters können Sie einwandfrei aus dem Arbeitsvertrag ablesen. Häufig werden Fälligkeiten zum 1. des Monats oder zum 15. eines Monats gewählt. In anderen Fällen verschiebt sich der Zeitpunkt der Lohnzahlung aber auch aufgrund anderer Vereinbarungen in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen.

    Die Lohn- oder Gehaltszahlung ist immer dann fällig, wenn Ihr Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbracht hat. Eine Vorvergütung ist in der Regel nicht vorgesehen. Dies bedeutet, dass Ihr Mitarbeiter zu Beginn seiner Tätigkeit zunächst einen halben oder einen ganzen Monat arbeiten muss, bevor er seine erste Lohn- oder Gehaltszahlung erwarten kann.

    Wann gilt die Lohnzahlung als unpünktlich?

    In vielen Unternehmen läuft die Lohn- und Gehaltszahlung standardisiert ab. Durch Einspielen aller Parameter in Abrechnungsprogramme muss die eigentliche Auszahlung der Gehälter monatlich nur einmalig überprüft und freigegeben werden. Die Auszahlungen und Verbuchungen laufen danach völlig automatisch ab. In kleineren Betrieben ist die Lohn- und Gehaltszahlung jedoch in jedem Monat ein individueller, zeitintensiver Arbeitsschritt. Krankheitsfälle in der Personalabteilung oder wirtschaftliche Engpässen des Unternehmens können dann zu verspäteten Lohnzahlungen führen.

    Rechtlich gesehen, befinden Sie sich bei einer unpünktlichen Zahlung im Zahlungsverzug gegenüber Ihrem Mitarbeiter. Dieser Zahlungsverzug tritt ein, sobald der kalendermäßig bestimmte Zeitpunkt überschritten wird, an dem Sie Ihrem Mitarbeiter den vereinbarten Lohn überweisen müssen. Auch ohne mündliche oder schriftliche Anmahnung befinden Sie sich als Unternehmen im Zahlungsverzug.

    Was sind die Konsequenzen einer unpünktlichen Lohnzahlung?

    Wie bei anderen Eingangsrechnungen, die unpünktlich bezahlt werden, gilt auch im Falle einer nicht rechtzeitigen Lohn- oder Gehaltszahlung, dass Sie verpflichtet sind, Verzugszinsen zu bezahlen. Diese werden im § 288 BGB geregelt. Nach der Definition des Gesetzes lehnt sich der Zinssatz für Verzugszinsen (Verzugszinssatz) immer dem jeweils aktuellen Basiszinssatz an. Der Verzugszinssatz beläuft sich dabei gemäß § 288 Abs. 1 BGB auf fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz für das Jahr.

    Das bedeutet für die Berechnung: Der Verzugszinssatz ergibt sich aus dem aktuell gültigen Basiszinssatz zuzüglich 5 Prozentpunkte.

    Die Formel lautet demnach: Basiszinssatz + 5 Prozentpunkte = Anzusetzender Verzugszinssatz

    Wichtig: Der Basiszinssatz wird halbjährlich von der Deutschen Bundesbank angepasst. Die Stichtage hierfür sind jeweils der 1. Januar und der 1. Juli eines Jahres. Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung des Basiszinssatzes über die letzten Jahre sowie den aktuellen Stand im Jahr 2023:

    Anpassung des BasiszinssatzesHöhe des Basiszinssatzes
    1. Januar 2020– 0,88 Prozent
    1. Juli 2020– 0,88 Prozent
    1. Januar 2021– 0,88 Prozent
    1. Juli 2021– 0,88 Prozent
    1. Januar 2022– 0,88 Prozent
    1. Juli 2022– 0,88 Prozent
    1. Januar 20231,62 Prozent
    1. Juli 20233,12 Prozent
    Quelle: Tabelle der Bundesbank

    Im zweiten Halbjahr von Jahr 2023 beziffert sich der anzusetzender Verzugszinssatz folglich auf 8,12 Prozent (3,12 Prozent + 5 Prozent).

    Beispiel: Wie berechnen sich Verzugszinsen bei verspäteter Gehaltszahlung?

    Angenommen, der Arbeitslohn für Ihren Mitarbeiter beträgt monatlich 4.250 Euro. Den Lohn erhält der Mitarbeiter um 10 Tage verspätet. Wie viele Verzugszinsen müssen Sie in diesem Fall zahlen?

    Schritt 1: Verzugszinssatz berechnen

    Im ersten Schritt müssen Sie den aktuell geltenden Verzugszinssatz berechnen. Dafür ziehen Sie den aktuellen Basiszinssatz heran (aktuell: 3,12 Prozent) und addieren 5 Prozentpunkte. Der Rechenweg für den Verzugszinssatz bei verspäteten Lohn- oder Gehaltszahlungen lautet demnach: 5 Prozent + 3,12 Prozent (Basiszinssatz) = 8,12 Prozent (Verzugszinssatz).

    Schritt 2: Höhe der Verzugszinsen berechnen

    Mit dem ermittelten Verzugszinssatz kann nun die Höhe der Verzugszinsen berechnet werden. Dafür muss zunächst der verspätete Arbeitslohn mit dem Verzugszinssatz multipliziert werden: 4.250 Euro x 8,12 Prozent = 345,10 Euro.

    Wichtig: Der Zinssatz für Verzugszinsen wird immer für ein volles Kalenderjahr berechnet, sodass die genauen Verzugszinsen immer auf den Tag (durch 365) umgerechnet werden müssen. Folglich ist das aktuelle Ergebnis noch einmal durch 365 Tage zu teilen. Der nachfolgende Wert ergibt die zu zahlenden Verzugszinsen pro Tag.

    345,10 Euro / 365 Tage = 0,945 ~ 0,95 Euro pro Tag

    Zuletzt muss nur noch die Dauer des Verzugs herangezogen werden. Da die Zahlung 10 Tage verspätet erfolgte, ergibt sich folgende Rechnung: 10 Tage * 0,95 Euro pro Tag = 9,50 Euro gesamt.

    Bei einem Zahlungsverzug der vertraglich vereinbarten Vergütung von 10 Tagen, betragen die rechnerischen Verzugszinsen also 9,50 Euro.

    Besteht ein Anspruch auf die Verzugspauschale?

    Das Bundesarbeitsgericht hat im Jahr 2018 entschieden, dass kein Anspruch auf die Verzugspauschale, welche im § 288 Abs. 5 BGB geregelt wird, bei einer Gehalts- oder Lohnverspätung besteht. Dies begründet sich im § 12 a Abs. 1 BGB. Hierbei handelt es sich um einen Paragrafen, speziell das Arbeitsgericht betreffend, der den Anspruch auf Pauschalen laut Urteil des Bundesarbeitsgerichts (8 AZR 26/18) ausschließt – und zwar aufgrund des Ausschlusses des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruches.

    Doch aufgepasst: Während manche Gerichte die Entscheidung bekräftigen, vertreten einzelne Gerichte auch eine andere Meinung! So bestätigte das Landesarbeitsgericht (LAG) 2019 in Sachsen den Anspruch auf eine Verzugspauschale – und zwar auch für ausbleibende Lohnzahlungen (2 Sa 364/18). Zuvor sprach sich auch bereits das Arbeitsgericht Köln 2018 für die Anwendung der Verzugspauschale im arbeitsrechtlichen Kontext aus (8 Ca 4245/18).

    Dennoch sollten Arbeitgeber zum aktuellen Zeitpunkt dem Urteil des BAG folgen und davon ausgehen, dass der Anspruch auf die Verzugspauschale seitens des Arbeitnehmers nicht zusätzlich besteht.

    Bedingungen für einen Zahlungsverzug

    Damit sich ein Unternehmen wirklich im Zahlungsverzug befindet, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein:

    • Die Lohn- oder Gehaltszahlung darf am Stichtag noch nicht vom Geschäftskonto des Arbeitgebers abgebucht sein
    • Der Arbeitgeber hat nicht vorab darüber informiert, dass sich die Lohnzahlung verspäten wird

    Was sind die Rechte Ihres Mitarbeiters? Zurückhalten der Arbeitsleistung

    Ihr Mitarbeiter hat bei verspäteter Zahlung des Arbeitslohns das Recht, von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch zu machen. Dies ist allerdings nur dann möglich,

    • wenn Sie bereits einen erheblichen Teil des Arbeitslohnes schulden (z.B. zwei Monatsgehälter)
    • wenn das Zurückhalten der Arbeitsleistung in Ihrem Unternehmen nicht zu schweren Nachteilen führt (z.B. Insolvenz)

    Hält Ihr Mitarbeiter seine Arbeitsleistung zurück, so teilt er Ihnen mündlich oder schriftlich mit, dass er seine volle Arbeitsleistung erst wieder aufnimmt, wenn die offenen Gehaltszahlungen ausgeglichen sind. In diesem Fall kommen Sie als Arbeitgeber in einen Annahmeverzug. Sie sind in diesem Fall auch verpflichtet, den Arbeitnehmer in der Zeit zu bezahlen, in der er seine Arbeitsleistung zurückgehalten hat. Sobald Sie die rückständigen Lohnzahlungen vollständig beglichen haben, hat Ihr Mitarbeiter die Pflicht, seine Arbeit wieder im vertraglich festgelegten Maße aufzunehmen.

    Es liegt auf der Hand, dass ein unpünktliche Lohn- oder Gehaltszahlung oder auch das Zurückhalten der Arbeitsleistung und die Berechnung von Verzugszinsen das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitsgeber und Arbeitnehmer stark belasten kann. Letztendlich kann der Umstand einer verspäteten Lohnzahlung zum Bruch des Arbeitsverhältnisses und zur Kündigung führen.

    Tipp: Sprechen Sie proaktiv mit Ihrem Mitarbeiter über innerbetriebliche Probleme und verspätete Zahlungen und achten Sie auf Transparenz. In diesem Fall wird Ihr Mitarbeiter eher nachvollziehen können, dass sich seine Lohnzahlung verspätet. Gute und offene Kommunikation kann helfen, Problem abzumildern und eine einvernehmliche Lösung zu finden.

    Welche Gründe gibt es für eine berechtigte Nichtzahlung des Arbeitslohnes?

    Eine schlechte oder mangelhafte Arbeitsleistung ist kein berechtigter Grund für den Arbeitgeber, die Lohn- oder Gehaltszahlungen für einen Arbeitnehmer einzustellen oder das Auszahlen des Lohns zu verweigern. Erfüllt Ihr Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht jedoch nicht und handelt grob fahrlässig und geben Unternehmensregeln, so ist es unter Umständen möglich, Lohnzahlungen zu verweigern oder den Lohn zu kürzen. Das wäre zum Beispiel möglich, wenn Ihr Mitarbeiter seinen Erholungsurlaub ohne Absprache vorzieht. Auch das fortwährende, eigenmächtige Verlängern von Pausenzeiten oder Arbeitsunfähigkeit ohne Nachweis kann Ihnen das Recht einräumen, sich auf Ihr gesetzliches Zurückbehaltungsrecht zu berufen.

    Bei einer mangelhaften Arbeitsleistung sind Sie dagegen verpflichtet, die Lohn- und Gehaltszahlung pünktlich auszuführen. Sie haben in diesem Fall allerdings arbeitsrechtliche Möglichkeiten einer Ermahnung oder Abmahnung oder auch die Androhung von Schadenersatzansprüchen.

    Behalten Sie den Arbeitslohn eines Mitarbeiters ein, so müssen Sie hierbei berücksichtigen, dass Sie nur den pfändbaren Teil des Nettolohns einbehalten dürfen. Der unpfändbare Teil unter der Pfändungsfreigrenze darf nicht zurückbehalten werden. Zudem sollten Sie beachten, dass Sozialversicherungsbeiträge immer dann fällig werden, wenn ein Mitarbeiter während eines Monats gearbeitet hat. Dies ist auch dann der Fall, wenn Sie aufgrund grob-fahrlässigen Verhaltens des Mitarbeiters einen Teil seines Lohns einbehalten.

    Zusammenfassung und Fazit

    Der Arbeitslohn ist eine Bringschuld für Sie als Unternehmen. Sie sind verpflichtet, das vertraglich vereinbarte Entgelt pünktlich zu bezahlen. Bei verspäteter Lohnzahlung ist Ihr Mitarbeiter berechtigt, Verzugszinsen zu berechnen. Die Berechnung dieser Verzugszinsen basiert auf §288 BGB.

    In engen Grenzen sind Sie auch als Unternehmen berechtigt, Lohnzahlungen zu verweigern. Dies ist zum Beispiel bei grob-fahrlässigem Verhalten eines Mitarbeiters möglich.

    Bei allen Problemen in Bezug auf Gehaltszahlungen empfiehlt sich eine offene und vertrauensvolle Kommunikation zwischen Unternehmen und Mitarbeiter. Abseits von vertraglichen Rechten und Pflichten können hier die Gründe für verspätete Lohnzahlungen erörtert und Lösungen erarbeitet werden. Mit dieser kommunikativen und mitarbeiterzentrierten Herangehensweise wird es in der Regel bei einer einmalig verspäteten Lohnzahlung nicht zu unüberbrückbaren Differenzen kommen, die in rechtliche Auseinandersetzungen oder Straf- und Schadenersatzzahlungen münden.

    Autor: Torsten Niermann