Übernahme nach der Ausbildung: Infos und Tipps

Übernahme nach der Ausbildung: Infos und Tipps

Fachkräfte sind nach wie vor schwer zu finden. Die Übernahme der im Unternehmen ausgebildeten Azubis steht daher für Arbeitgeber immer häufiger auf der Agenda.

Doch worauf sollten Sie als Arbeitgeber bei einer Übernahme von Azubis achten und wie ist das Thema anzusprechen? Dieser Text gibt einen Überblick und soll als Entscheidungshilfe dienen – plus Tipps, um Missverständnissen vorzubeugen, wenn eine Übernahme nach der Ausbildung ausgeschlossen ist.

    Was sind die Vorteile und Nachteile bei einer Übernahme nach der Ausbildung?

    Es gibt kein Gesetz, dass Betriebe zur Übernahme eines Azubis verpflichtet. Dennoch kann es für Unternehmen von Vorteil sein, die selbst ausgebildeten Berufsanfänger zu übernehmen und somit dem Fachkräftemangel zu entgehen. Und auch für Auszubildende birgt es Vorteile, beim Ausbildungsbetrieb zu bleiben. Diese sollte jeder Absolvent vor dem Ausbildungsende sorgfältig für sich abwägen – Unternehmen können ihren Azubis Entscheidungshilfen bereitstellen.

    Warum sollten Arbeitgeber Auszubildende übernehmen?

    Der größte Vorteil, der sich für Ausbildungsbetriebe daraus ergibt, Azubis nach der Berufsausbildung im Betrieb zu beschäftigen, ist die Kenntnis über deren Arbeitsweise. Denn in der Regel dauert das Berufsausbildungsverhältnis zwei bis drei Jahre, in dem Sie sich als Ausbilder ein umfassendes Bild über die Fähigkeiten der Berufsanfänger machen können. Als Arbeitgeber, der einen Auszubildenden übernimmt, wissen Sie also genau, was Sie an der Person haben.

    Hat sich im Laufe des Ausbildungsverhältnisses eine gute Kommunikation und Zusammenarbeit mit dem Azubi etabliert, so können sich künftige Arbeitgeber in der Regel auch darauf verlassen, dass ihnen mit der Übernahme nach der Ausbildung ein vertrauenswürdiger und motivierter Mitarbeiter erhalten bleibt. 

    Werden die für eine Übernahme in Frage kommenden Azubis rechtzeitig ermittelt, bildet dies die optimale Grundlage für eine frühzeitige Planung der Personalabteilung. Auch für den zukünftigen Mitarbeiter besteht ein Vorteil in der Übernahmegewissheit. Hat er rechtzeitig Kenntnis über die Übernahmemöglichkeit, dient das in ihn gesetzte Vertrauen als Bindungsmaßnahme.

    Nachteile: Was kann bei der Übernahme eines Azubis schiefgehen?

    Es ist schon vorgekommen, dass sich ein ursprünglich sympathischer und zum Team passender Azubi im Laufe der Zeit als „unangenehmer Kollege“ entpuppt hat. Wenn die Chemie nicht mehr stimmt und das Betriebsklima durch die Anstellung per Arbeitsvertrag leidet, ist das insbesondere für Arbeitgeber eine schwierige Situation. Auch kann es passieren, dass ein ehemaliger Azubi durch die neue Stellung plötzlich Ansprüche entwickelt, denen Ihr Betrieb nicht entgegenkommen kann. 

    Tipp: Im Übernahmegespräch sollten immer die Zukunftsvorstellungen beider Seiten besprochen werden. Zudem möchten sich viele Unternehmen durch die Vereinbarung einer erneuten Probezeit absichern, da doch ein Unterschied zwischen den Anforderungen in der Ausbildung und denen im neuen Berufsalltag besteht. Diese Probezeit von maximal 6 Monaten kann allerdings nur vereinbart werden, wenn Sie einen unbefristeten Arbeitsvertrag ausstellen. Die Alternative ist ein befristeter Vertrag, der aber nicht unbedingt attraktiv für jeden Arbeitnehmer ist.

    Vertrag nach der Ausbildung: Was bringt es einem Azubi, beim Ausbildungsbetrieb zu bleiben?

    Die Vorteile für Absolventen, die nach der Ausbildung beim Betrieb bleiben, sind vielfältig: Abläufe sind bekannt, genauso wie die meisten Kollegen und auch der konkrete Arbeitsplatz. Der „neue Mitarbeiter“ muss sich nicht in einem unbekannten Umfeld zurechtfinden, ein neues Team kennenlernen und sich in neue Gepflogenheiten einfinden. Vielmehr kann er am ersten Tag als Angestellter nach dem Ausbildungsende einfach „weiterarbeiten“. 

    Außerdem genießen übernommene Arbeitnehmer einen sofortigen Kündigungsschutz, sofern die betrieblichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Denn es zählt die insgesamt im Betrieb verbrachte Zeit, wozu die Ausbildungszeit addiert wird. Attraktiv ist zudem: Resturlaub aus dem Ausbildungsverhältnis können ehemalige Azubis, die übernommen werden, mit in die neue Anstellung nehmen.

    All diese Vorteile sind nicht nur für künftige Arbeitnehmer, sondern auch für Arbeitgeber relevant. Insbesondere, wenn der Azubi im Übernahmegespräch zögerlich reagiert oder Bedenkzeit fordert, was die Übernahme nach der Ausbildung betrifft: Mit diesen Argumenten können Sie punkten, um gute Arbeitskräfte zum Bleiben zu bewegen. Nicht zuletzt gilt für den Azubi: Ein Angebot zur Weiterbeschäftigung ist eine Anerkennung von dessen Leistungen.

    Tipp: Ein weiterführendes Studium ist ein oft angeführter Grund für Absolventen, das Angebot der Weiterbeschäftigung im Anschluss an die Ausbildung abzulehnen. Wenn Sie den Mitarbeiter halten wollen, versuchen Sie, die Weiterbildung mit dem Arbeitsverhältnis zu verknüpfen. Beispielsweise durch ein duales Studium, das dem Azubi gute berufliche Aussichten verspricht, ohne dass Sie einen vielversprechenden Mitarbeiter verlieren.
    Die Übernahme eines Auszubildenden bringt Vor- und Nachteile mit sich. Adobe Stock – contrastwerkstatt

    Was sollten Arbeitgeber und Auszubildende bei der Übernahme nach der Ausbildung beachten?

    So simpel es klingt: Einen Auszubildenden nach dem Ausbildungsende im eigenen Betrieb weiter zu beschäftigen, bringt nicht weniger Bürokratie mit sich, als einen neuen Mitarbeiter einzustellen. Schließlich wird nicht einfach ein Beschäftigungsverhältnis fortgesetzt – ein Ausbildungsvertrag unterscheidet sich in großen Teilen von einem normalen Vertrag. Zudem müssen Arbeitgeber je nach Branche auf tarifvertragliche Regelungen achten. 

    Gut zu wissen: Die Tarifverträge beinhalten unter anderem Vorgaben zu Lohn beziehungsweise Gehalt und Urlaubsanspruch, die von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften gemeinsam ausgehandelt wurden. Oft gelten tarifvertragliche Vorgaben auch schon für Ausbildungsverträge. 

    In jedem Fall ist eine offene Kommunikation zwischen Azubis und Ausbildern wichtig, um Missverständnissen vorzubeugen. Auch Stolperfallen, die ernsthafte rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können, lassen sich durch aufrichtige, aber vorsichtige Kommunikation von Anfang an vermeiden. Möchten Sie als Arbeitgeber rechtlich auf der sicheren Seite sein, so nehmen Sie sich das BBIG (Berufsbildungsgesetz) zu Herzen: Es bildet die Gesetzesgrundlage für alle Ausbildungsbelange.

    Offene Kommunikation: Freie Arbeitsstellen und Übernahmepläne besprechen

    Wenn offen über freie Arbeitsstellen und Übernahmepläne diskutiert wird, bleiben Gerüchte und falsche Hoffnungen auf beiden Seiten aus. Sprechen Sie als Arbeitgeber sowohl mit Auszubildenden, die Sie gerne übernehmen würden, aber auch mit den Azubis, denen Sie eine Bewerbung in einem anderen Unternehmen ans Herz legen.

    Eine frühzeitige Entscheidung für oder gegen eine Übernahme nach der Ausbildung unterstützt auch die Planung der Personalabteilung. Das Wissen um die mögliche Weiterbeschäftigung erleichtert zudem Ihrem Azubi die Entscheidung. Zudem sollte die Thematik der zur Besetzung zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze ehrlich angesprochen werden. Stellt sich ein Azubi nach der Übernahme einen anderen, als von Ihnen angebotenen Aufgabenbereich vor, sind Missverständnisse vorprogrammiert.

    Da eine Übernahme nur bei gleichartigen Vorstellungen der Zusammenarbeit sinnvoll ist, sollten Azubis im Einzelgespräch über ihre perspektivische Ausrichtung Auskunft geben. Denn im Sinne der Mitteilungspflicht ist es schlussendlich für beide Seiten einfacher, sich über die Pläne und Vorstellungen der anderen Partei im Klaren zu sein. Sprechen wichtige Gründe seitens des Azubis gegen eine Weiterbeschäftigung, so dient das Gespräch auch zum gegenseitigen Verständnis.

    Wichtig: Ist eine Übernahme des Auszubildenden ausgeschlossen, unterbreiten Sie ihm diese Nachricht nicht unmittelbar vor der Abschlussprüfung.

    Achtung: Nicht zu viel versprechen

    Hand aufs Herz: Nicht mit jedem Azubi können Sie sich eine längerfristige Zusammenarbeit vorstellen. Einem Azubi, der keinesfalls übernommen wird, sollte man keine diesbezüglichen Versprechen machen und einen Arbeitsvertrag in Aussicht stellen.

    Wichtig ist, dass das Gespräch mit dem Azubi frühzeitig stattfindet, um ihm sowie Ihnen die Möglichkeit einer Neuorientierung zu geben. Versuchen Sie eine wohlwollende Einigung zu erzielen, wenn es bereits zu einer Zusicherung der Übernahme – auch bei der mündlichen Zusage – gekommen ist. Zwar wird der Betriebsrat, sofern vorhanden, oftmals prinzipiell gegen Ihre Entscheidung stimmen. Sie müssen dem jedoch Ratschlag nicht folgen und haben das „letzte Wort“.

    Wichtiger Hinweis: Wissen Sie schon innerhalb der Ausbildung, dass nicht jeder Azubi übernommen wird, halten Sie sich mit allgemeinen Versprechen zurück und schüren Sie keine Hoffnungen, die am Ende zu einem Zerwürfnis mit Rechtsfolgen führen können. Eine diesbezügliche mündliche Äußerung kann, vor allem wenn es Zeugen gibt, für rechtliche Probleme sorgen und Sie dazu zwingen, den mündlich geschlossenen Arbeitsvertrag einzuhalten.

    Rechtsfragen bei Azubi-Übernahme – so sind Arbeitgeber auf der sicheren Seite

    Die Azubi-Übernahme setzt nicht wenige rechtliche Fragen auf die Agenda. Wie verhält es sich mit dem Resturlaub, mit dem Kündigungsschutz, mit der Fortzahlung im Krankheitsfall? Wie sichert man sich als Arbeitgeber ab?

    Um den übernommenen Azubi nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen, sollten die Basics zum Arbeitsvertrag frühzeitig angesprochen werden. Die Inanspruchnahme einer Rechtsberatung oder die Kommunikation mit dem Betriebsrat kann rechtliche Fauxpas ausschließen und offene Unternehmerfragen klären. Nutzen Sie dafür auch unsere Muster-Vorlage für eine Übernahme nach der Ausbildung.

    Gut zu wissen: Der richtige Zeitpunkt für ein Übernahmegespräch ist 6 Monate vor Ausbildungsende – ab dann ist die Übernahme nach der Ausbildung rechtskräftig. Vorher getroffene Absprachen sind nicht gültig, auch wenn die Weiterbeschäftigung mündlich zugesichert wurde.

    Befristeter Vertrag – ist das nötig?

    Möchten Sie sich doppelt absichern und einen befristeten Arbeitsvertrag ausstellen, so gibt es zwei Möglichkeiten: Ein Arbeitsvertrag kann teilbefristet oder sachgrundbefristet werden. Der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1, Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)ist mit Angabe einer sachlichen Begründung möglich. 

    Darüber sollte der potenzielle Vertragspartner rechtzeitig informiert werden, damit er selbstständig entscheiden und der Befristung zustimmen – oder diese ablehnen kann. Vor dem Hintergrund des herrschenden Fachkräftemangels sollten Arbeitgeber sich überlegen, ob nach der Ausbildung, in der Sie den Azubi kennenlernen konnten, noch eine Befristung der Stelle nötig ist.

    Achtung, Fallstricke: Der „versehentlich“ abgeschlossene Arbeitsvertrag und Übernahmeverpflichtungen

    Ein unfreiwillig geschlossener Arbeitsvertrag gehört zu den größten Fallstricken für Arbeitgeber. Nicht jeder Unternehmer weiß, dass er im Falle einer Weiterbeschäftigung nach bestandener Abschlussprüfung einen unbefristeten Arbeitsvertrag schließt. Das gilt auch, wenn der ehemalige Azubi beispielsweise nur eine Stunde im Unternehmen tätig wird: Selbst wenn kein Vertrag unterschrieben wurde, entsteht automatisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, wenn der Absolvent nach Beendigung der Abschlussprüfung am Morgen in den Betrieb kommt und mit der Arbeit beginnt.

    Tipp: Klären Sie bereits vor der Abschlussprüfung, dass ein nicht für die Übernahme vorgesehener Azubi nach bestandener Prüfung nicht weiter in Ihrem Unternehmen arbeitet und unterbinden Sie die Aufnahme der Tätigkeit, falls der Azubi Ihre Weisung „überhört“.

    Heikel wird es übrigens auch, wenn es um einen Azubi handelt, der Mitglied in der Jugend- und Auszubildendenvertretung ist. Hier greift § 78a aus dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVg), das dem Unternehmen eine automatische Übernahme bei Zumutbarkeit vorschreibt.