Praktikant einstellen – das müssen Sie wissen

Praktikant einstellen – das müssen Sie wissen

Für Unternehmen wird es zunehmend wichtiger, sich früh genug um High Potentials zu kümmern – wird der War for Talents - Fachkräftemangel - doch in Zukunft immer stärker zu spüren sein. Dabei es gibt einige Optionen, frühzeitig in Kontakt mit Nachwuchskräften zu kommen.

Insbesondere die Beschäftigung von Praktikanten lohnt sich. Denn häufig entscheiden sich die jungen Leute nach dem Praktikum dafür, im Unternehmen zu bleiben. Ein Vorteil für Firmen, die sich einen Teil des aufwendigen Personalbeschaffungsprozesses ersparen.

Dieser Artikel stellt Ihnen wichtige Aspekte vor, die Sie beachten sollten, wenn Sie einen Praktikanten unter Vertrag nehmen möchten. Das Hauptaugenmerk des Beitrags liegt dabei auf der Frage, ob und unter welchen Bedingungen Sie Praktikanten entlohnen müssen oder nicht.

    Welche Formen des Praktikums unterscheidet das Arbeitsrecht?

    Wenn sich ein Betrieb dafür entscheidet, einen Praktikanten einzustellen, müssen die Personalverantwortlichen einige bürokratische und arbeitsrechtliche Aspekte beachten. Das gilt vor allem seit der Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015. Seither hat nämlich auch ein Praktikant Anspruch auf den Mindestlohn – allerdings nur, wenn sein Praktikum einige Voraussetzungen erfüllt.

    Diese arbeitsrechtliche Vorgabe macht sich auch auf dem Praktikumsmarkt bemerkbar. Viele Unternehmen scheuen sich seither, Praktikanten einzustellen: Nicht nur, weil ihnen der gezahlte Lohn im Praktikum zu hoch erscheint, sondern auch aus Vorbehalten gegenüber dem bürokratischen Aufwand.

    Diese Bedenken sind jedoch zumeist unbegründet. Denn: Praktikum ist nicht gleich Praktikum. Man unterscheidet zwei Formen von Praktika, die unterschiedliche rechtliche Implikationen sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Praktikanten mit sich bringen.

    Diese zwei Praktikumsformen sind:

    1. Verpflichtendes Praktikum
    2. Freiwilliges Praktikum

    Zu den wesentlichen Unterscheidungskriterien gehören die Verpflichtung und die Länge des Praktikums. Die Frage „Praktikumsvergütung ja oder nein?“ hängt davon ab, welcher Kategorie sich der Praktikant zuordnen lässt. Bevor diese Frage jedoch geklärt wird, geben die folgenden Abschnitte einen Überblick über die beiden Praktikumsformen sowie ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede.

    1. Verpflichtendes Praktikum

    Sofern das Praktikum zum Beispiel durch eine Studienordnung vorgeschrieben ist, zählt es zu den verpflichtenden Praktika. Ein verpflichtendes Praktikum kann dabei entweder vor oder während des Studiums zu absolvieren sein. Ein solches Pflichtpraktikum betrifft somit fast immer Studierende – aber auch Schüler können im Zusammenhang mit ihrer Schulausbildung zu einem Schülerpraktikum verpflichtet werden.

    Wie lange ein verpflichtendes Praktikum dauern soll, schreibt fast immer die Studienordnung oder die Schule vor. Hauptarbeitgeber ist in einem solchen Fall nicht das Unternehmen, sondern immer noch die Schule oder Universität, in welcher der Praktikant eingeschrieben ist. Nachdem der Praktikant das Praktikum erfolgreich absolviert hat, stellt ihm der Praktikumsgeber zumeist ein Arbeitszeugnis aus. Dieser Nachweis ist dann auch für das erfolgreiche Bestehen der schulischen oder akademischen Ausbildung essenziell.

    2. Freiwilliges Praktikum

    Absolviert der Praktikant ein freiwilliges Praktikum, ist nicht mehr die Schule oder die Universität der Hauptarbeitgeber, sondern das Unternehmen. Dadurch hat der freiwillige Praktikant andere Rechte und Pflichten als ein Praktikant, der ein Pflichtpraktikum absolviert.

    Handelt es sich um ein freiwilliges Praktikum, kann der Praktikant von seinem Praktikumsgeber beispielsweise ein Praktikumszeugnis und die gesetzliche Mindestanzahl an Urlaubstagen verlangen. Jedoch sollten Personaler bei dieser Form des Praktikums beachten, dass es einen Unterschied macht, wie lange der Student oder Schüler als Praktikant im Unternehmen eingestellt ist. Hier zieht das Arbeitsrecht eine Grenze von drei Monaten.

    Die rechtlichen Implikationen, die ein Pflichtpraktikum sowie ein Praktikum unter oder über drei Monaten nach sich ziehen, klären die nächsten Abschnitte.

    Praktikumsvergütung: Wann muss man Praktikanten bezahlen?

    Die Frage, ob ein Praktikant einen Anspruch auf eine Praktikumsvergütung hat, lässt sich nicht pauschal beantworten. Hier ist es wichtig, die Unterscheidung in Pflichtpraktikum sowie freiwilliges Praktikum unter drei Monate und über drei Monate zu treffen.

    1. Gehalt bei einem verpflichtenden Praktikum

    Pflichtpraktikanten haben grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Praktikumsvergütung. Sie haben somit auch kein Recht auf Mindestlohn im Praktikum. Wie bereits erwähnt, ist ihr Hauptarbeitgeber ihre Schule oder Universität. Daher haben sie auch keinen Urlaubsanspruch. Dennoch gewähren viele Betriebe ihren Praktikanten eine Aufwandsentschädigung sowie eine gewisse Anzahl an „Urlaubs-“ bzw. freien Tagen. Diese Entscheidung ist jedoch freiwillig, wodurch der Praktikant auch keinen rechtlichen Anspruch geltend machen kann.

    Bei dieser Form des Praktikums ist es unerheblich, wie lange es besteht: Der Pflichtpraktikant hat somit niemals einen Anspruch auf Mindestlohn – selbst wenn das Praktikum die Grenze von drei Monaten übersteigt. Bezahlt das Unternehmen dem Praktikanten freiwillig eine Praktikumsvergütung, sind diese Einkünfte immer sozialversicherungsfrei. Zudem muss man keine Beiträge zur Rentenversicherung zahlen. Wenn das Gehalt jedoch die Grenze von 450 Euro im Monat übersteigt, müssen beide Seiten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge bezahlen.

    2. Lohn bei einem freiwilligen Praktikum unter drei Monaten

    Besteht das Praktikumsverhältnis auf freiwilliger Basis kürzer als drei Monate, hat der Praktikant keinen Anspruch auf Mindestlohn im Praktikum. Das bedeutet, dass ein Lohn im Praktikum vonseiten des Betriebes nur eine freiwillige Geste darstellt.

    Im Unterschied zu einem Pflichtpraktikum hat ein freiwilliger Praktikant aber einen gesetzlichen Urlaubsanspruch. Damit müssen ihm bei einer Fünf-Tage-Woche eine Mindestanzahl von 20 Urlaubstagen pro Jahr zugesprochen werden. Den Mindestanspruch rechnet man dabei anteilig anhand der absolvierten Monate aus.

    In puncto Sozialversicherungsbeiträge sollte man beachten, dass auch hier die Grenze von 450 Euro gilt. Wenn der Praktikant jedoch gesetzlich versichert ist, muss das Unternehmen Pauschalbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung bezahlen – sofern sich der Arbeitnehmer bei der Rentenversicherung nicht befreien lässt.

    3. Praktikumsvergütung bei einem Praktikum über drei Monate

    Ist ein Praktikant, der ein freiwilliges Praktikum leistet, länger als drei Monate angestellt, muss das Unternehmen ihn als normalen Arbeitnehmer behandeln. Damit hat er auch einen rechtlichen Anspruch auf Mindestlohn. Somit müssen Unternehmen auch erst Sozialversicherungsbeiträge bezahlen, wenn sie dem Praktikanten ein längeres Praktikumsverhältnis ab drei Monaten zugestehen. Das gilt selbstverständlich nur, wenn das Praktikum in keiner Prüfungsordnung vorgeschrieben ist. Auch hier gilt, dass der Praktikant einen gesetzlichen Mindestanspruch von 20 Urlaubstagen hat.

    Allgemein gilt das Mindestlohngesetz (MiLoG) somit nur bei Praktikumsverhältnissen, die nicht direkt mit einer Hochschul- oder Berufsausbildung in Verbindung stehen. Bei Praktika, die der Arbeitnehmer für seine Ausbildung absolviert, gilt das MiLoG nicht.

    Wichtig für Personaler ist zudem, dass die hier vorgestellten Regelungen nur für Praktikanten über 18 Jahre gelten. Minderjährige Schüler oder Studenten müssen Unternehmen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz gesondert behandeln. Das gilt beispielsweise für den Urlaubsanspruch und die Höchstarbeitsdauer.

    Alle Infos auf einen Blick:

    PraktikumsartMindestlohnUrlaubsanspruch
    PflichtpraktikumNeinNein
    Freiwilliges Praktikum < 3 MonateNeinJa
    Freiwilliges Praktikum > 3 MonateJaJa

    Was sind die Vorteile einer Praktikumsvergütung?

    Wenn sich Betriebe mit der Frage beschäftigen, ob sie ihre Praktikanten bezahlen sollten oder nicht, ist bei der Abwägung die eingangs dargelegte Problematik des Fachkräftemangels ein wesentlicher Punkt. Der Mangel an geeigneten Fachkräften ist für viele Branchen ein ernst zu nehmendes Problem. Dabei gilt: Wer nicht früh genug tätig wird und Gegenmaßnahmen ergreift, wird es in Zukunft schwierig haben, qualifizierte Mitarbeiter zu finden.

    Um den War for Talents im eigenen Unternehmen vorzubeugen, kann es eine sinnvolle Option sein, Praktikanten oder Werkstudenten in die eigenen Reihen aufzunehmen. Viele junge Talente sind schon während ihres Studiums auf der Suche nach einem geeigneten Arbeitgeber.

    Wer bei Praktikanten bereits als attraktiver Arbeitgeber punkten kann, hat höhere Chancen, die Nachwuchskräfte zu halten. Konkurrierende Unternehmen, die ihren Praktikanten gar nichts oder verhältnismäßig wenig bezahlen, haben es im Gegenzug schwerer, ihre Praktikanten an sich zu binden.

    Eine Alternative zu einem gewöhnlichen Lohn ist eine Aufwandsentschädigung. Hier beteiligt sich das Unternehmen mit einer fixen Praktikumsvergütung an den Kosten, die der Praktikant tragen muss, wenn er für das Praktikum beispielsweise umziehen oder pendeln muss.

    Die Vorteile, einem Praktikanten gute Arbeitsbedingungen zu bieten, zeigen sich beispielsweise auch in puncto Urlaubsanspruch für Pflichtpraktikanten. Obwohl Pflichtpraktikanten rechtlich keinen Urlaubsanspruch haben, ist es auch für sie ein großer Pluspunkt, wenn sie sich den einen oder anderen Tag freinehmen können. Nicht zuletzt auch aus dem Grund, dass die Pflichtpraktikanten noch immer eingeschrieben sind und mitunter auch Organisatorisches für die Universität erledigen müssen.

    Was müssen Personaler beachten?

    Entschließen Sie sich, einen Praktikanten unter Vertrag zu nehmen und müssen diesen entsprechend dem Mindestlohngesetz für seine Arbeit entlohnen, ist ein weiterer Punkt von Relevanz. Seit dem 16.08.2014 gilt das Nachweisgesetz auch für Praktikanten, die einen Anspruch auf Mindestlohn haben.

    Da Praktikanten nach dem Mindestlohngesetz als Arbeitnehmer gelten, werden sie nun auch in den Geltungsbereich des Nachweisgesetzes einbezogen. Das soll Praktikanten helfen, Mindestlohnansprüche verbindlich geltend machen zu können.

    Den Nachweis – also die Rahmenbedingungen für das Praktikum – müssen Arbeitgeber unverzüglich nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrages erteilen. Dieser muss Folgendes beinhalten:

    • Lern- und Ausbildungsziele, die während des Praktikums verfolgt werden
    • Beginn und Dauer des Praktikums
    • Dauer der täglichen Arbeitszeit
    • Zahlung und Höhe der Vergütung
    • Anzahl der gewährten Urlaubstage
    • Hinweis auf gegebenenfalls anwendbare Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen

    Wenn Firmen das Nachweisgesetz missachten, kann es zu Schadensersatzansprüchen von Arbeitnehmerseite kommen.

    Was sind die Do’s und Dont’s im Umgang mit Praktikanten?

    Die Generation Praktikum, die von Praktikum zu Praktikum tingelt, ohne dafür eine Entlohnung zu erhalten, ist Vergangenheit. Viele junge Leute lassen sich nicht mehr auf unvergütete Praktika ein. Dementsprechend hat sich auch das Bild des Praktikanten von heute gewandelt – ein wesentlicher Punkt, den sich vor allem Personalverantwortliche vor Augen führen sollten.

    Galten Praktikanten früher oftmals noch als günstige Arbeitskräfte, die sich dem Klischee entsprechend um Botengänge und das Kaffeekochen kümmerten, haben sie heutzutage häufig einen relevanten Stellenwert in Unternehmen. Viele Nachwuchskräfte dürfen im Laufe ihrer Praktikumszeit eigene Projekte übernehmen und fügen sich so sukzessive als vollwertiger Mitarbeiter in das Unternehmen ein.

    Daher sollten Personaler auch einige Aspekte im Umgang mit Praktikanten beachten:

    1. Trauen Sie dem Praktikanten eigene Projekte zu und stellen Sie ihn nicht nur als günstige Arbeitskraft ein. So profitiert nicht nur der Student von seiner Praktikumszeit, auch das Unternehmen kann einen Vorteil aus der geleisteten Arbeit ziehen.
    2. Setzen Sie vor dem Praktikum klare Ziele und gleichen Sie diese regelmäßig mit der Realität während des Praktikums ab. So vermeiden Sie, dass man den Praktikanten als reinen Hospitanten einsetzt.
    3. Nehmen Sie den Praktikanten in Ihr Team auf und stellen Sie ihm einen Tutor zur Seite. Damit garantieren Sie, dass sich der Student bei der Arbeit wohlfühlt und sich bei Unsicherheiten an einen vertrauten Kollegen wenden kann.

    Oftmals gilt: Schüler und Studierende möchten sich während ihres Praktikums beweisen. Das sollten auch Arbeitgeber berücksichtigen und entsprechend würdigen. Betraut ein Betrieb den Praktikanten mit gewissen Verantwortungen, entsteht eine Win-win-Situation, bei der sowohl der Praktikant als das Unternehmen profitiert.

    Autor: Redaktion Personalwissen