Um eine korrekte Lohn- und Gehaltsabrechnung für Mitarbeiter durchzuführen, ist es wichtig, die gesetzlichen Grundlagen zu kennen, die im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) in Bezug auf Arbeitsbereitschaft, Rufbereitschaft und einen Bereitschaftsdienst festgelegt sind.
Im folgenden Artikel erfahren Sie, wie Sie
- die Arbeitszeit für Ihre Mitarbeiter berechnen,
- ob und wann Bereitschaftszeit als Arbeitszeit zu bewerten ist
- und wie eine korrekte Vergütung erfolgt.
Was versteht man unter Arbeitsbereitschaft?
Unter Arbeitsbereitschaft versteht man eine Tätigkeit, die jeweils nach Bedarf vom Arbeitnehmer aufzunehmen ist. Der Arbeitnehmer hat dabei die Pflicht, sich physisch an seinem Arbeitsplatz aufzuhalten. Zudem hat er die Gesamtsituation in seinem zugewiesenen Arbeitsbereich zu beobachten und zu bewerten. Er muss sich jederzeit in Arbeitsbereitschaft befinden. Arbeitsbereitschaft wird im Urteil vom Bundesarbeitsgericht vom 12.12.2012 daher in Deutschland auch als „die Zeit wacher Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung“ definiert.
Beispiel: Eine angestellter Taxifahrer wartet am Taxistand auf seinen nächsten Kunden. Die Zeiten ohne Fahrgast zählen für den angestellten Taxifahrer im rechtlichen Sinne zur Arbeitsbereitschaft.
Arbeitsbereitschaft – Arbeitszeit und Vergütung
Die Zeiten der Arbeitsbereitschaft werden gemäß § 7 ArbZG als Arbeitszeit gezählt. Auch in Tarifverträgen wird Arbeitsbereitschaft generell als Arbeitszeit gewertet. Allerdings lässt das Gesetz Spielräume zu, da ausgeführt ist, dass eine Verlängerung der täglichen Arbeitszeit über 10 Stunden hinaus möglich ist. Aber nur, wenn in der eigentlichen Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft anfällt. § 7 ArbZG führt weiter aus, dass eine Verlängerung der Arbeitszeit dann möglich ist, wenn „durch besondere Regelungen sichergestellt ist, dass dadurch die Gesundheit des Arbeitnehmers nicht in Gefährdung steht.“
Gemäß eines Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 21.03.2018 sind Verlängerungen der Arbeitszeit aufgrund von Arbeitsbereitschaft zum Beispiel bei Mitarbeitern im Rettungsdienst möglich und konform zum ArbZG. Im Urteil ist ausgeführt, dass Mitarbeiter im Rettungsdienst bis zu zehn Stunden täglich arbeiten dürfen, wenn von Ihrer Arbeitszeit mindestens zwei Stunden in den Bereich der Arbeitsbereitschaft fallen. Fällt die gesamte Arbeitszeit unter den Oberbegriff Arbeitsbereitschaft und muss der Mitarbeiter lediglich am Arbeitsplatz anwesend sein, so darf der Mitarbeiter sogar für 12 Stunden pro Tag beschäftigt werden.
Für die geleistete Arbeitszeit, inklusive der Zeiten der Arbeitsbereitschaft, ist die gleiche Vergütung zu zahlen, wie bei einer Vollarbeit. Die Vergütung richtet sich grundsätzlich nach dem zugrundeliegenden Tarifvertrag oder nach den individualvertraglichen Regelungen des Arbeitsvertrags des Mitarbeiters. Für eine Tätigkeit über acht Stunden pro Tag muss zudem ein Freizeitausgleich vom Unternehmen sichergestellt werden.
Was wird unter Bereitschaftsdienst verstanden?
Unter dem Oberbegriff Bereitschaftsdienst versteht man eine Tätigkeit, bei der sich der Arbeitnehmer im Betrieb aufhalten muss, um innerhalb von kürzester Zeit seine Arbeit aufzunehmen.
Beispiel: Ein angestellter Chirurg in einem Krankenhaus ist für einen Nachtdienst von 20.00 Uhr abends, bis 09.00 Uhr am nächsten Morgen eingeteilt. Er arbeitet im Bereitschaftsdienst und muss jederzeit in der Lage sein, für Operationen oder Untersuchungen während der Bereitschaftszeit abrufbar zu sein. In Ruhezeiten ist es ihm gestattet, einen Ruheraum aufzusuchen und dort zu entspannen oder zu schlafen.
In diesem Fall handelt es sich im Sinne des ArbZG um Arbeitszeit, da der Mitarbeiter im Krankenhaus anwesend und jederzeit abrufbar ist. Alle Vorgaben in Bezug auf Gesundheitsschutz und Höchstarbeitszeiten sind für diesen Mitarbeiter zu beachten. Die Einhaltung der Schutzvorschriften durch den Arbeitgeber setzt voraus, dass die Tätigkeit im Bereitschaftsdienst klar als Arbeitszeit definiert ist. Auch in diesem Falle gelten die Vorgaben des Tarifvertrags oder des Arbeitsvertrags in Bezug auf die Vergütung der Arbeitszeit. Ein Bereitschaftsdienst wird arbeitsrechtlich wie normale Arbeitszeit gewertet, selbst wenn Ruhe und Bereitschaftszeiten enthalten sind.
Was ist Rufbereitschaft?
Unter Rufbereitschaft versteht man die kurzfristige Erreichbarkeit und Einsatzbereitschaft eines Mitarbeiters. Beispiele für Mitarbeiter in Rufbereitschaft sind zum Beispiel der Servicemitarbeiter eines Gas-Versorgungsbetriebs oder ein angestellter Hausarzt im Notdienst. Der Mitarbeiter kann hier seinen Aufenthaltsort frei wählen, muss jedoch jederzeit erreichbar sein und seinem Arbeitgeber seinen Standort vorab mitteilen. Um kurzfristig, innerhalb einer vorab definierten Frist, die Arbeit aufnehmen zu können, muss sich der Angestellte in Rufbereitschaft in der Nähe des Einsatzortes oder Tätigkeitsbereichs befinden.
Rufbereitschaft – Arbeitszeit und Vergütung
Im Gegensatz zum Bereitschaftsdienst und zur Arbeitsbereitschaft gilt die Rufbereitschaft nicht als Arbeitszeit, im Sinne des ArbZG. Dies liegt an dem Umstand, dass sich der Mitarbeiter bei der Rufbereitschaft außerhalb des Betriebs aufhält und daher grundsätzlich keine Tätigkeit im Sinne des ArbZG ausführen kann. Die Arbeitszeit zählt erst ab dem Zeitpunkt, in dem der Mitarbeiter mit der eigentlichen, vertraglichen Tätigkeit beginnt. Eine im Voraus festgelegte Reaktionszeit muss hierbei vom Mitarbeiter eingehalten werden. Bezahlt werden im Fall der Rufbereitschaft nur die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten.
Beispiel: Piloten und Stewardessen arbeiten neben Ihrem Dienstplan auch oft in Rufbereitschaft und müssen zum Beispiel bei Krankheitsfällen oder unerwarteten Flugverschiebungen kurzfristig als Ersatzcrew einspringen. Auch die Flugbereitschaft der Luftwaffe, die Mitglieder der Regierung weltweit zu Amtsterminen fliegt, arbeitet immer wieder in Rufbereitschaft, um flexibel auf Vorgaben reagieren zu können.
Wichtig: Gemäß eines aktuellen Urteils des Europäischen Gerichtshofs gilt Rufbereitschaft dann doch als Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer innerhalb von kürzester Zeit zur Verfügung stehen müssen. Hintergrund war die Klage eines Feuerwehrmannes, der pro Monat eine Woche mit Rufbereitschaft zur Verfügung stehen musste. Aufgrund seiner besonderen Verantwortung als Feuerwehrmann, musste er innerhalb von 8 Minuten am Einsatzort sein. Da diese Reaktionszeit sehr kurz war, konnte der Mitarbeiter faktisch keine andere, private Tätigkeit ausführen, sondern befand sich generell in Arbeitsbereitschaft. Ob der Mitarbeiter nun auch für die komplette Arbeitszeit ein Anrecht auf die vereinbarte Vergütung hat, muss noch juristisch geklärt werden.
Zusammenfassung und Fazit aller Bereitschaftsdienste
Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, sollten Sie im Arbeitsvertrag schriftlich festlegen, ob es sich bei der Tätigkeit Ihres Mitarbeiter um Rufbereitschaft, einen Bereitschaftsdienst oder um Arbeitsbereitschaft handelt. Mit einer eindeutigen Definition ist jederzeit klargestellt, ob die Tätigkeit Ihres Mitarbeiters zur Arbeitszeit gehört und damit vergütet werden muss oder ob es sich um eine Rufbereitschaft handelt.