Die Zahlen sind erschreckend: Rund 5 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland sind alkoholkrank. Das ist nicht nur für die betroffenen Menschen eine persönliche Krisensituation.
Was tun, wenn ein Mitarbeiter betrunken zur Arbeit kommt?
Stellt der Chef fest, dass ein Mitarbeiter betrunken ist, obliegt es seiner Verantwortung, zu entscheiden, ob der betrunkene Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz verlassen muss. Jedoch ist es empfehlenswert, dass wenn ein Mitarbeiter bereits alkoholisiert zur Arbeit kommt, direkt vom Vorgesetzten nach Hause geschickt wird.
Denn: Geschieht aufgrund seines Alkoholkonsums ein Unfall, wird dieser von der Versicherungsgesellschaft meistens nicht als Arbeitsunfall eingestuft. Die Konsequenzen: Das Unternehmen beziehungsweise der Vorgesetzte macht sich haftbar – solange er von dem arbeitsunfähigen Zustand seines Mitarbeiters wusste und nicht entsprechend reagierte.
Entscheidet sich der Vorgesetzte jedoch dafür, den alkoholisierten Mitarbeiter nach Hause zu schicken, darf er ihn aber nicht einfach so gehen lassen: Entweder er lässt ihn von einem Kollegen nach Hause begleiten oder er übergibt ihn in die Obhut eines Angehörigen oder Freundes. Missachtet der Chef dies und lässt den Mitarbeiter weiterarbeiten, macht er sich im Falle eines Arbeitsunfalls angreifbar. Außerdem muss er die Kosten für den Unfall tragen.
Wann erlischt der Versicherungsschutz bei Alkohol am Arbeitsplatz?
Voneinander zu unterscheiden sind dabei jedoch der volltrunkene Zustand und der alkoholbedingte Leistungsabfall:
Erlischt die Versicherung bei Volltrunkenheit am Arbeitsplatz?
Ist ein Mitarbeiter im volltrunkenen Zustand bei der Arbeit, so greift für ihn überhaupt kein Versicherungsschutz durch den Arbeitgeber mehr. Kommt es zu einem Unfall, bei dem der betrunkene Mitarbeiter zu Schaden gekommen ist – unabhängig davon, ob der Unfall von ihm verursacht worden ist oder nicht – so zahlt keine Versicherung für diesen Unfall. Der Beschäftigte ist nicht fähig, die ihm aufgetragenen Tätigkeiten zu erfüllen. Daher verrichtet er auch keine für den Betrieb förderlichen Aufgaben, wodurch der Unfallversicherungsschutz für ihn erlischt.
Was passiert bei einem alkoholbedingten Leistungsabfall?
Besteht bei einem Mitarbeiter Restalkohol vom Vortag oder hat er vor oder während der Arbeitszeit ein wenig Alkohol zu sich genommen, muss im Einzelfall entschieden werden. Wenn nur von einem Leistungsabfall und nicht von einem Leistungsausfall gesprochen werden kann, besteht für den betroffenen Mitarbeiter weiterhin der Unfallversicherungsschutz. Er verrichtet Tätigkeiten, die dem Unternehmen dienlich sind. Bei einem Arbeitsunfall steht die direkte Kausalität von verrichteter Tätigkeit und Unfall im Fokus. Kann aber dennoch bewiesen werden, dass der Unfall nur auf die Alkoholisierung oder den Drogenmissbrauch des Mitarbeiters zurückzuführen ist – auch wenn der Mitarbeiter nicht volltrunken war – kann hier ebenfalls der Unfallversicherungsschutz erlöschen.
Wie kann Alkohol und Drogen am Arbeitsplatz vorgebeugt werden?
Prävention ist besser als heilen: Ein Grundsatz, der bis heute nicht nur in der Medizin Gültigkeit hat. Auch Unternehmen sollten schon initiativ und frühzeitig Maßnahmen gegen Alkohol und Drogen am Arbeitsplatz ergreifen.
Prävention von Alkohol und Drogen am Arbeitsplatz
Hilfreich können dabei beispielsweise offizielle Abmachungen – beispielsweise in der Betriebsvereinbarung – sein, in denen das Verbot von Alkohol und Drogen am Arbeitsplatz verankert ist.
Gibt es einen Betriebsrat, bedarf es dessen Zustimmung. Die offizielle Vereinbarung im Betrieb ist wichtig, da es grundsätzlich kein gesetzliches Verbot in Deutschland für den Verzehr von Alkohol oder die Einnahme von Drogen am Arbeitsplatz gibt.
Was tun bei dauerhaftem Alkohol am Arbeitsplatz?
Wird bei einem Mitarbeiter trotzdem ein Problem mit Alkohol und Drogen am Arbeitsplatz, beziehungsweise einem von beidem festgestellt, sollte der Betrieb frühzeitig agieren. Welche Maßnahmen kann ein Unternehmen hierbei ergreifen? Das sind einige Tipps:
- Tipp 1: Sprechen Sie mit dem Mitarbeiter. Oftmals werden Suchtprobleme nicht offen angesprochen und totgeschwiegen. Mit fatalen Folgen, denn: Der Mitarbeiter bringt sich und auch seine Kollegen unter Umständen in Gefahr, wenn er seiner Arbeit im Rauschzustand nachgeht. Daher sollten Sie die Problematik in einem offenen Gespräch mit dem Arbeitnehmer erörtern und Lösungen besprechen.
- Tipp 2: Vermeiden Sie Vorwürfe, Beleidigungen oder Verurteilungen. Führen Sie das gemeinsame Gespräch sachlich – dabei haben persönliche Angriffe nichts zu suchen. Seien Sie sensibel und empathisch, während Sie aber trotzdem das Problem ganz genau konkretisieren. Das funktioniert mit eindeutigen Beispielen, bei denen die Suchterkrankung des Mitarbeiters bei seiner Arbeit zu erkennen war.
- Tipp 3: Zeigen Sie Wege aus der Sucht. Reden allein hilft wenig. Wer alkoholkrank oder drogenabhängig ist, braucht dringend professionelle Hilfe. Zeigen Sie daher dem Mitarbeiter mögliche Wege aus seiner Suchterkrankung auf – mithilfe von Therapien oder Klinikaufenthalten. Bereiten Sie daher schon vor dem Gespräch eine Liste mit Ansprechpartnern und Beratungsstellen vor, die Sie dem Mitarbeiter mitgeben können. Machen Sie dem Arbeitnehmer klar, dass Sie helfen wollen, aber dass er sich dringend behandeln lassen muss. Dafür vereinbaren Sie am Ende des Gesprächs am besten eindeutige und klare Maßnahmen sowie bindende Zeitvorgaben.
Was tun, wenn der Mitarbeiter ärztliche Hilfe verweigert?
Wenn der Arbeitnehmer jegliche ärztliche Hilfe verweigert und auch keine Entziehungskur machen möchte, steht es dem Arbeitgeber offen, arbeitsrechtliche Konsequenzen zu ziehen. Er kann ihm dann die Kündigung aussprechen. Hat ein Mitarbeiter nur einmal gegen ein Alkohol- und Drogenverbot am Arbeitsplatz verstoßen, ist eine Abmahnung zulässig. Kommt dies öfter vor, steht es auch hier dem Unternehmen frei, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen.
Wie kann der Alkoholkonsum vom Arbeitgeber bewiesen werden?
Um den Drogen- oder Alkoholkonsum des Mitarbeiters beweisen zu können, darf der Arbeitgeber jedoch nicht auf Zwangsmaßnahmen zurückgreifen. Alkohol- oder Drogenscreenings sind ohne die Zustimmung des betroffenen Mitarbeiters nicht zulässig und haben auch vor Gericht keinen Bestand. Das Unternehmen kann sich nur auf die Aussagen von Kollegen oder Vorgesetzten stützen.
Außerdem gilt: Um die Einnahme von Alkohol oder Drogen überprüfen zu können, darf der Arbeitgeber auch keine vorbeugenden, stichprobenartigen Tests durchführen – auch wenn der Arbeitnehmer zugestimmt hat. Dies gilt ebenfalls bei Bewerbungsgesprächen. Nur wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass für die zukünftige Tätigkeit ein berechtigtes Interesse an der Überprüfung des Alkohol- und Drogenkonsums besteht, kann er ein Screening anberaumen. Die Voraussetzung dafür ist jedoch immer die Zustimmung des Arbeitnehmers bzw. des Bewerbers.