Direktiver Führungsstil: Wenn der Vorgesetzte das Sagen hat

Direktiver Führungsstil: Wenn der Vorgesetzte das Sagen hat

Der Chef ordnet an, das Personal führt aus. Beim Blick auf reine Ergebnisse hat direkte Führung der Mitarbeiter scheinbar viele Vorteile. Doch das eigentlich in sich vollauf leistungsorientierte Führungsverhalten kann in der falschen Situation Erfolge ausbremsen. Deshalb gilt die autoritäre Methode oftmals als überholt. Für manche Bereiche im Arbeitsleben ist sie dennoch angebracht, in einigen wenigen sogar essenziell.

Definition des autoritär-direktiven Führungsstils

Je nach angewandter Theorie geht man bei der Personalführung von zwei, drei oder mehr Hauptkategorien bei Führungsstilen aus. Nach Kurt Lewin unterscheidet man zwischen autoritär-direktivem Führungsstil, kooperativem oder demokratischem Führungsstil oder Laissez-faire-Führungsstil. Zu diesen Hauptarten gibt es noch einige Unterkategorien, die sich aus verschiedenen Methoden zusammensetzen. Zum Beispiel der gemäßigt autoritäre Führungsstil oder der partnerschaftlich-kooperative Führungsstil. Andere Managementlehren unterteilen in Modelle wie transformationalen, situativen oder destruktiven Führungsstil.

    Der direktive Führungsstil, auch autoritärer oder autoritär-direktiver Führungsstil genannt, ist eine Art der Mitarbeiterführung, bei der der Vorgesetzte Entscheidungen allein trifft. Diese gibt er in Anweisungen an seine Mitarbeiter weiter, die wie Kommandos wirken können. Andere Meinungen werden nicht berücksichtigt. Wichtigstes Kriterium bei der Bewertung von Angestellten ist hier die Arbeitsleistung. Ob die Aufgaben zu voller Zufriedenheit erledigt wurde, kontrolliert die Führungskraft dabei akribisch und korrigiert gegebenenfalls.

    Die prägenden Schlagwörter der Führungsmethode sind Kommandieren, Kontrolle und Korrigieren. Ein klassisches Beispiel für diese Art der Führung ist das Militär. Dort sind Kommandos des Vorgesetzten von seinen Untergebenen direkt und ohne Diskussionen korrekt auszuführen. In aufgeweichter Form findet sich der direktive Führungsstil in vielen Unternehmen.

    Vor- und Nachteile des direktiven Fürhungsstils: Eine Tabelle

    Die Vorteile des autoritär-direktiven Führungsstils:Die Nachteile des autoritär-direktiven Führungsstils:
    Anweisungen werden direkt ausgeführt, Vorschriften in der richtigen Reihenfolge erfüllt. Das spart Zeit und Geld.Nicht richtig angewandt oder an falscher Stelle eingesetzt kann er Frust bei den Mitarbeitern verursachen.
    Die betreffenden Mitarbeiter wissen – im Idealfall – genau, für welchen Bereich und welche Aufgaben sie verantwortlich sind.Ausbleibende Rückmeldungen an den Chef bewirken ein größeres Risiko für Fehlentscheidungen.
    Routinearbeiten lassen sich mithilfe direktiver Anweisungen immer auf die gleiche Art durchführen. Auch, wenn sie durch wechselndes Personal erledigt werden.Für komplexe Problemstellungen ist dieses Führungsverhalten meist ungeeignet. Es ist nicht erwünscht ist, das Beschäftigte Ideen einbringen, über eine effektive Ausführung der Aufgabe nachdenken oder selbst Entscheidungen treffen.
    Mitarbeiter verzetteln sich nicht in Diskussionen untereinander oder mit dem Führungspersonal.Die sperrige Befehlsstruktur macht es nahezu unmöglich, sich bei kreativen oder komplexen Aufgaben innerhalb des Teams spontan an neue Situationen anzupassen oder zu improvisieren.
    Bei Fehlentscheidungen ist nur die Führungsperson verantwortlich.Die Führungskraft muss allein sehr viel Verantwortung übernehmen. Das kann für die betreffende Person belastend sein.
    Je größer Teams oder die Abteilungen sind, die von einem autoritären Chef geführt werden, desto mehr steigt die Gefahr, dass sich einzelne Mitarbeiter überfordert fühlen.
    Arbeitskräfte, die in einem engen Rahmen arbeiten müssen, und immer wieder erleben, dass Anmerkungen nicht erwünscht sind, geben es auf, eigene Ideen einbringen zu wollen. Dadurch kann dem Arbeitgeber Potenzial verloren gehen, Kreativität wird stark eingeschränkt.

    Direktiver Führungsstil – wo er sinnvoll ist 

    Für simple Aufgaben und einfache Arbeiten, die über längere Zeiträume immer gleich ausgeführt werden sollen oder müssen, kann das autoritäre Führungsverhalten ideal sein. Ein gutes Beispiel dafür sind Tätigkeitsfelder in der Unfallverhütung oder Qualitätssicherung. In diesen Bereichen gibt es Aufgaben, die vom Personal nach bestimmten Vorschriften immer gleich erledigt werden müssen, da sonst Probleme, Mängel und Verzögerungen auftreten könnten.

    Direktiver Führungsstil, Einsatzgebiet, Führung, Leadership
    Der direktive Führungsstil ist in vielen Bereichen sinnvoll © Drazen – Adobe Stock

    Würde zum Beispiel ein Techniker am Flughafen bei der Wartung oder Überprüfung von Flugzeugen immer wieder andere Abläufe anwenden oder seinen Kollegen inmitten seiner Tätigkeit neue Ideen und Lösungsansätze für die Arbeiten präsentieren, stiege schnell das Risiko eines Unfalls. Zudem wäre auch der zügige, effiziente Arbeitsablauf dahin und verspätet abfliegende Maschinen vorprogrammiert. Gerade in solchen Tätigkeitsbereichen sind direkte Anweisungen und Ausführungen ohne Diskussionen die bessere Wahl.

    Gleiches gilt für Berufe und Arbeitsbereiche, in denen Notfälle passieren können oder ein korrekter Ablauf rechtlich relevant ist. So ist der direktive, autoritäre Führungsstil beispielsweise bei der Feuerwehr, beim Militär oder bei der Polizei oder in juristischen Berufen – zumindest in Teilbereichen – die beste und sicherste Wahl. Hier hat es oberste Priorität, die Situation erfolgreich zu meistern. Eine Person entscheidet, der Rest folgt. Wie sich die Untergebenen dabei fühlen, ist zunächst nebensächlich.

    Wenn das Personal durch mangelnde Kompetenz keine eigenen Entscheidungen treffen kann, ist der direktive Stil ebenfalls von Vorteil. Durch klare Aufgabenstellungen an Untergebene und deren Abarbeitung kann dabei ein gewisser Qualitätsstandard eingehalten werden. Beispiele dafür sind Auszubildende, Aushilfen oder Hilfsarbeiter.

    Hier ist der direktive Führungsstil Fehl am Platz

    In Tätigkeitsbereichen, in denen Mitarbeiter Verantwortung übernehmen sollen und Entscheidungen schnell selbst treffen müssen, ist die direktive Führung nur hinderlich. Sehr gut ausgebildete oder stark spezialisierte Angestellte werden von zu engen Vorschriften und Anweisungen eingeschränkt, ihr Potenzial, das sie bei einem freieren Arbeitsstil entfalten könnten, wird nicht genutzt. Zudem verfügen sie oft über mehr Kompetenz sowie praxisrelevantes Knowhow als der Chef und können Folgen, Kosten und Nutzen der getroffenen Maßnahmen viel besser einschätzen. Beispiele dafür sind die wissenschaftliche Forschung, Entwicklung, Projektmanagement, Kunst und Design, einige Tätigkeitsfelder in sozialen Berufen oder viele Akquise- und Verkaufstätigkeiten.

    Auch, wenn Kreativität verlangt wird, ist der rein autoritäre Vorgesetzte hinderlich. Bei neuen Ideen ständig Rücksprache halten oder gar auf Anweisungen warten zu müssen, statt kurzfristig eigene Entscheidungen zu treffen, unterbricht den kreativen Fluss immer wieder störend.

    Wenn der autoritär-direktive Führungsstil nicht passt, eignen sich die verschiedenen Modelle des kooperativen Stils. Auch die transformationale Führung, bei der der Chef die Motivation seines Teams beeinflusst oder der situative Stil, bei der er je nach Reifegrad speziell auf jeden Mitarbeiter eingeht, sind dann geeignet.

    6 häufige Fehler bei der direktiven Führung

    1. Wenn nur der Vorgesetzte das Sagen hat, verführt dies dazu, mehr von oben herab zu kommandieren als selbstbewusst und respektvoll zu führen. Für Angestellte ist das frustrierend oder gar demütigend, die Motivation sinkt. Besser ist ein Umgang zwischen Führungskraft und Team auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Respekt.
    2. Chefs auf einsamem Thron können das Gefühl für Anliegen und Sorgen ihrer Mitarbeiter verlieren. Wer nicht weiß, was im Team los ist, kann nicht reagieren und so Probleme frühzeitig angehen. Direktive Führungskräfte sollten immer ein offenes Ohr für ihr Personal haben. Hilfreich sind beispielsweise gemeinsame Meetings, bei denen Probleme angesprochen werden können.
    3. Gefährlich ist die Art der Mitarbeiterführung auch, wenn sich der Chef zwar mit Führungs- und Managementaufgaben auskennt, aber weniger praktisches Fachwissen als seine Mitarbeiter hat. Hier können durch den einseitigen Entscheidungsprozess und die Einbahnstraße, über die Anweisungen gegeben werden, Fehler passieren.
    4. In Berufen und Arbeitsbereichen mit klaren Befehlsstrukturen und Hierarchien wird der autoritären Führungsperson das nötige Werkzeug in die Hand gegeben seine Untergebenen zu allen Umständen im Griff zu behalten und zu kontrollieren. Das kann bei manchen Charakteren auch dazu führen, dass sie ihre Launen am Team auslassen. In extremeren Fällen kann das sogar zu stark destruktivem Verhalten wie Unterdrückung oder Mobbing führen.
    5. Der direktiv führende Boss handelt stark leistungsorientiert. Dabei kann es passieren, seinen Mitarbeiterstab als eine Armee von Arbeitsrobotern zu betrachten, die nur abliefern soll. Wer den Blick für den Menschen hinter der Personalnummer nicht verliert, kann umsichtiger sein und das Potenzial der Person langfristig erhalten.
    6. Wer als direktiver Chef versucht, sich durch hartes Durchgreifen oder Wutanfälle zu profilieren oder bei Fehlentscheidungen Verantwortung aufs Personal abwälzt, verliert schnell den Respekt seiner Untergebenen. Solches Verhalten kann zu mangelnder Motivation, Untergrabung des Vorgesetzten oder sogar Arbeitsverweigerung führen. In kritischen Momenten kann so ein destruktives Arbeitsumfeld verursachen, dass das ganze Kartenhaus in sich zusammenfällt.

    4 Anforderungen an den autoritären Vorgesetzten – diese Eigenschaften sollte er mitbringen:

    1. Wer allein entscheidet, muss über Kompetenz sowie umfassendes Fachwissen über alle ihm unterstellten Arbeitsbereiche verfügen.
    2. Der richtige Umgang mit Befehlsgewalt, Befugnissen als alleiniger Entscheider oder sogar Macht erfordert eine gefestigte, ausgeglichene Persönlichkeit.
    3. Besonders für Arbeitsbereiche, in denen bei Notfällen das Wohl oder Leben anderer davon abhängt, dass Untergebene Anweisungen direkt und richtig befolgen, sollte die Führungskraft Autorität und Selbstsicherheit ausstrahlen.
    4. Mit großem Druck und Verantwortung sollte der autoritäre Vorgesetzte sicher umgehen können.

    Direktives Führungsverhalten: oft angewandt, in wenigen Fällen zweckmäßig

    Der autoritär-direktive Führungsstil wirkt oft überholt, hat aber in gewissen Tätigkeitsbereichen durchaus seine Vorteile. Er erfordert erfahrenes Führungspersonal mit Durchsetzungskraft aber auch Einfühlungsvermögen. So kann trotz der einseitigen Entscheidungsgewalt und dem autoritären Auftreten des Chefs ein positives Umfeld geschaffen und erhalten werden, in dem Menschen gerne arbeiten. In kleinen und größeren Unternehmen der Privatwirtschaft gibt es zwar noch einige Arbeitsplätze, bei denen dieser Stil geeignet ist, doch im Großen und Ganzen sind modernere, weiterentwickelte Modelle oft die bessere Wahl. Darunter zum Beispiel solche, die den Reifegrad der Mitarbeiter berücksichtigen oder unterschiedlichen Situationen flexibel anpassbar sind wie der situative Führungsstil.

    FAQ: Fragen und Antworten zum direktiven Führungsstil

    Was ist der direktive Führungsstil?

    Das Wort „direkt“ ist in den Begriff eingebettet und liefert gleichzeitig schon einen Teil der Erläuterung. Bei dieser Art der Führung trifft der Chef, direkt und ohne andere einzubeziehen, Entscheidungen selbst. Die Anweisungen sollen dabei direkt und ohne Diskussionen oder Einwände ausgeführt werden. Dies kontrolliert die Führungskraft streng. Im Fokus stehen bloße Leistungen, Erfolg, Zahlen und Ergebnisse. Menschliche Faktoren finden dabei keine Berücksichtigung. Der direktiven Führung stehen zwei Methoden entgegen. Zum einen der kooperative Führungsstil, bei dem Zusammenarbeit und Kommunikation prägend sind. Zum anderen der Laissez-faire-Stil, bei dem das Personal weitestgehend sich selbst überlassen wird.
    Die autoritäre Mitarbeiterführung gilt in klassischen Unternehmen als hart, demotivierend und altmodisch. Trotz ihrer Nachteile findet sie sich immer noch in vielen deutschen Betrieben wieder. Das zeigt beispielsweise eine Studie der Unternehmensberatung Staufen. In Berufen und Organisationen, die durch klare und strenge Hierarchien Gefahr für Leib und Leben eindämmen oder verhindern wollen wie bei Soldaten, Piloten oder Rettungskräften, ist der diskussionsfreie, direkte Befehlsweg aber von Nutzen.

    Autor: Redaktion Personalwissen