Der Fall:
Ein 49-jähriger Rechtsanwalt bewarb sich auf die von einem Unternehmen ausgeschriebene Stelle als „Syndikusrechtsanwalt (m/w/d) Wirtschaftsrecht“. In der Stellenanzeige war neben der Darstellung der Aufgaben in verschiedenen Rechtsgebieten zum Bewerberprofil ausgeführt:
„Du bist Berufseinsteiger oder besitzt bis ca. 6 Jahre Berufserfahrung.“
Wenige Tage nach seiner Bewerbung auf die Stelle erhielt er eine Absage. Der erfolglose Bewerber verlangte daraufhin Zahlung einer Entschädigung in Höhe von wenigstens 28.000 Euro (= 4 Monatsgehälter). Er meinte, die Absage beruhe auf seinem Alter, was an der Formulierung Berufseinsteiger und der Beschränkung der Berufserfahrung in der Stellenanzeige erkennbar sei.
Das Unternehmen weigerte sich, zu zahlen. Der Grund für die Absage sei nicht das Alter des Bewerbers gewesen. Vielmehr habe dieser ausweislich seines Lebenslaufs in den vergangenen 10 Jahren lediglich rund 3 Jahre einschlägige berufliche Erfahrung nachgewiesen und 3 seiner Arbeitsverhältnisse hätten vor Ablauf der Probezeit geendet.
Der Jurist klagte daraufhin auf Entschädigung wegen Altersdiskriminierung.
§ Das Urteil:
Während das Arbeitsgericht dem Bewerber noch recht gab, ließ ihn das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz abblitzen. Der Bewerber habe keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wegen Altersdiskriminierung.
Der Arbeitgeber habe mit der Stellenausschreibung nicht gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen. Aus der Passage in der Stellenausschreibung „Berufseinsteiger … bis ca. 6 Jahre Berufserfahrung“ ließe sich kein Indiz für eine unmittelbare Diskriminierung des Alters entnehmen. Mit dem Circa-Wert habe der Arbeitgeber keine feste Obergrenze an Berufserfahrung angegeben. Auch solle das Erfordernis geringer einschlägiger Berufserfahrung in den genannten Aufgabengebieten nicht lediglich junge Berufsanfänger ansprechen, sondern Bewerber jeden Alters (LAG Rheinland-Pfalz, 05.12.2024, Az. 5 SLa 81/24).
Meine Empfehlung:
Gehen Sie auf Nummer sicher und vermeiden Sie jeglichen potenziellen Bezug zum Alter in der Stellenanzeige
Hier hatte der Arbeitgeber Glück, dass das LAG den Fall genauso sah wie er. Abweichend von dessen Beurteilung der Stellenanzeige im konkreten Fall hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer früheren Entscheidung nämlich festgestellt, dass etwa die Formulierung „Berufseinsteiger bis zu 5 Jahre Berufserfahrung“ durchaus als Indiz für die Benachteiligung älterer Bewerber geeignet sein kann (BAG, 11.08.2016, Az. 8 AZR 809/14).
Bei der Gestaltung von Stellenausschreibungen sollten Sie als Arbeitgeber jedoch besser nicht auf die Karte „Glück“ setzen. Schließlich laden Fehler bei der Formulierung der Stellenanzeige abgelehnte Bewerber geradezu ein, eine AGG-Entschädigung zu fordern.
ACHTUNG!
Früher forderten die Arbeitsgerichte für einen Anspruch auf AGG-Entschädigung, dass sich der Bewerber auch ernsthaft beworben hat. Dieser Voraussetzung bedarf es jedoch nach der neueren Rechtsprechung nicht mehr! Das bedeutet: Für einen Entschädigungsanspruch wegen Altersdiskriminierung braucht ein Bewerber nicht nachzuweisen, dass seine Ablehnung auf seinem Alter beruht. Es genügt, wenn er Indizien für eine Diskriminierung darlegen kann. Solche Indizien können etwa in einer Stellenausschreibung enthalten sein. Sie als Arbeitgeber müssen dann beweisen, dass es der Bewerber nur auf eine AGG-Entschädigung abgesehen hat – zumeist ein hoffnungsloses Unterfangen.
Gehen Sie deshalb auf Nummer sicher und vermeiden Sie jegliche Formulierungen, insbesondere Anforderungen, die „auf den ersten Blick“ den Anschein einer Diskriminierung erwecken könnten. Verzichten Sie insbesondere auf folgende altersbezogene Formulierungen in Ihren Stellenanzeigen:
- Suche nach „Hochschulabsolventen/Young Professionals“,
- „Du bist zwischen 18–35 Jahre alt und verfügst über …“,
- „ein(e) junge(r) engagierte(r) Mitarbeiter/Mitarbeiterin“,
- ausdrückliche Suche nur nach „Berufsanfängern“ oder „Berufseinsteigern“,
- „eine/n Büromitarbeiter/in bis 35 Jahre“,
- Suche nach „jungen, dynamischen“ Bewerbern, aber
- auch die eigene Präsentation als „junges Team“.