Arbeitsrecht

Vorsicht, Falle: Mit der falschen Klausel im Arbeitsvertrag hebeln Sie den gesetzlichen Urlaubsverfall aus!

Viele Arbeitsverträge regeln heute ausdrücklich, wann übergesetzliche Urlaubsansprüche verfallen. So können Sie als Arbeitgeber deren Übertragung oder Abgeltung verhindern. Mangelnde Sorgfalt bei der Formulierung kann jedoch dazu führen, dass Sie sich beträchtlich schaden, wie das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 15.7.2025 (9 AZR 198/24) zeigt. Lesen Sie hier, welche Vertragsklauseln zu Ihrem Vorteil wirken.
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Hildegard Gemünden

22.09.2025 · 2 Min Lesezeit

Der Fall: Langzeitkranke verlangt Urlaubsabgeltung für 8 Jahre

Eine bei einem kirchlichen Arbeitgeber beschäftigte Pflegekraft war vom 31.7.2015 bis zum Ende ihres Arbeitsverhältnisses am 30.6.2023 durchgehend arbeitsunfähig krank. Nach den maßgeblichen Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) ist der Urlaub jeweils bis zum Ende des Urlaubsjahres anzutreten. Urlaub, der krankheitsbedingt nicht genommen werden kann, wird bis zum 30.6. des Folgejahres übertragen und verfällt dann.

Der Arbeitsvertrag der Mitarbeiterin enthielt außerdem diese Regelungen zum Urlaub:

  • Die Mitarbeiterin hat bei einer 6-Tage-Woche Anspruch auf 35 Arbeitstage Urlaub pro Jahr – 24 Tage gesetzlichen Urlaub und zusätzlich 11 Tage vertraglichen Urlaub.
  • Der Urlaubsanspruch besteht bei nachgewiesener Arbeitsunfähigkeit auch über den Übertragungszeitraum hinaus, allerdings maximal bis zur Höhe des noch bestehenden gesetzlichen Urlaubsanspruchs.
  • Am Ende des Arbeitsverhältnisses erfolgt eine Urlaubsabgeltung nur bis zur Höhe des noch bestehenden gesetzlichen Urlaubsanspruchs.

Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte die Mitarbeiterin Urlaubsabgeltung für den gesetzlichen Urlaub der Jahre 2016 bis 2023.

§  Das Urteil: Urlaub ist nicht verfallen

Das Arbeitsgericht Wuppertal als erste Instanz sprach der Mitarbeiterin nur rund 4.200 € Urlaubsabgeltung für den gesetzlichen Urlaub der Jahre 2022 und 2023 zu. Der Urlaub aus den Vorjahren sei verfallen. Das BAG kommt jedoch – wie zuvor schon das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf zu einem anderen Ergebnis:

Der Urlaubsanspruch eines Mitarbeiters wird auch bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit zunächst nicht gekürzt. Nach der Rechtsprechung verfällt der deshalb nicht genommene Urlaub jedoch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahrs. Der 15-monatige Übertragungszeitraum gilt für den gesetzlichen Mindesturlaub, auch wenn eine kollektivrechtliche Vereinbarung wie hier die AVR für den Gesamturlaubsanspruch im Fall einer Langzeiterkrankung einen kürzeren Übertragungszeitraum vorsieht. Der gesetzliche Mindesturlaub aus 2021 wäre demnach am 31.3.2023 verfallen und der übergesetzliche Urlaub am 30.6.2022.

Im Arbeitsvertrag der Mitarbeiterin hatte der Arbeitgeber jedoch den Verfall des gesetzlichen Mindesturlaubs bei einer Langzeiterkrankung zugunsten der Mitarbeiterin ausgeschlossen. Der Mitarbeiterin steht deshalb auch Urlaubsabgeltung für den gesetzlichen Mindesturlaub der Jahre 2016 bis 2021 zu. Der Arbeitgeber muss ihr nun weitere knapp 17.000 € für 144 (= 6 × 24) nicht genommene Urlaubstage bezahlen.

Meine Empfehlung:

Weil Sie Ihre Mitarbeiter beim Mindesturlaub nicht schlechterstellen dürfen, als es das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) und die zugehörige Rechtsprechung vorsehen, sollten Sie zumindest beim vertraglichen Zusatzurlaub Ihre Möglichkeiten nutzen und genau festlegen, ob und wann Sie ihn gewähren.

Diese Klauseln zum vertraglichen Zusatzurlaub wirken zu Ihren Gunsten als Arbeitgeber

Damit Sie Urlaubsansprüche rechtssicher regeln und unnötige Kosten vermeiden, nutzen Sie unsere Musterformulierung zur Ausschlussklausel für den Verfall von Urlaubsabgeltung:

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Hildegard Gemünden ist seit mehr als 20 Jahren als Chefredakteurin, Autorin und Beraterin tätig. Sie ist spezialisiert auf Arbeits-, Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht sowie eine moderne Mitarbeiterführung

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22.09.2025