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Strafverfahren im Arbeitszeugnis: In diesem Ausnahmefall dürfen Sie die Dinge beim Namen nennen

Das Arbeitszeugnis soll einerseits künftige Arbeitgeber informieren und darf andererseits den Mitarbeiter in seinem beruflichen Fortkommen nicht unnötig behindern – kurz: Es muss gleichzeitig wahr und wohlwollend sein. Was heißt das aber konkret, wenn Sie sich von Ihrem Mitarbeiter wegen eines Straftatverdachts getrennt haben? Der folgende Fall zeigt: Die Antwort hängt davon ab, um welche Straftat es geht.
Magnifying Glass with Exclamation Point Over Text

Hildegard Gemünden

11.08.2025 · 2 Min Lesezeit

Der Fall: Kinderpornografie bei einem Mitarbeiter im Jugendamt

Ein beim Jugendamt einer Stadt beschäftigter Sozialarbeiter stand im Verdacht, kinderpornografisches Material zu besitzen. Die Kriminalpolizei durchsuchte seine Wohnung sowie sein Dienstzimmer und beschlagnahmte sein Diensthandy. In der Folge erhielt der Arbeitgeber einen Polizeibericht, der empfahl, dem Mitarbeiter jeglichen Zugriff auf Kinder und Jugendliche zu verweigern.

Der Arbeitgeber kündigte dem Mitarbeiter deshalb und erwähnte dies auch im Arbeitszeugnis mit der folgenden Formulierung: „Aufgrund der gegen Herrn E. eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornographischer Inhalte sah ich mich gezwungen, das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.3.2024 zu beenden.“ Die Leistungen des Mitarbeiters wurden dabei mit „befriedigend“ bewertet, obwohl der Mitarbeiter zuvor ein Zwischenzeugnis mit guter Beurteilung erhalten hatte.

Der Mitarbeiter verlangte ein korrigiertes Zeugnis. Er meinte, ihm stünde nach wie vor eine gute Beurteilung zu. Außerdem müsse der Arbeitgeber den Hinweis auf das Ermittlungsverfahren streichen.

§  Das Urteil: Neue Erkenntnisse erlauben Abweichung vom Zwischenzeugnis …

Grundsätzlich ist eine schlechtere Beurteilung im Endzeugnis als im Zwischenzeugnis nur dann zulässig, wenn sich die Leistungen des Mitarbeiters in der Zwischenzeit nachweislich verschlechtert haben. Das war hier nicht der Fall, denn die kinderpornografischen Bilder befanden sich bei Erteilung des Zwischenzeugnisses bereits auf dem Handy des Mitarbeiters.

Allerdings wäre es kaum zur guten Beurteilung gekommen, wenn der Arbeitgeber bei der Erteilung des Zwischenzeugnisses bereits von diesen Bildern gewusst hätte. Der Mitarbeiter bestritt auch nie den Besitz dieser Bilder. Das Zwischenzeugnis hatte sich daher nachträglich als falsch erwiesen und der Arbeitgeber war nicht mehr daran gebunden. Weil der Mitarbeiter zudem keine konkreten Argumente für eine gute Beurteilung anführte, bleibt es bei der Gesamtnote „befriedigend“.

… und der Schutz von Kindern gebietet die Erwähnung des Ermittlungsverfahrens

Ein noch nicht abgeschlossenes Ermittlungsverfahren gehört grundsätzlich nicht ins Arbeitszeugnis. Im Urteilsfall sah es jedoch anders aus, weil es hier um einen Sozialarbeiter ging, der auch auf einer neuen Stelle Kontakt zu Kindern und Jugendlichen hätte haben können. Um diese zu schützen, war der Arbeitgeber nach Auffassung des Gerichts verpflichtet, das Ermittlungsverfahren im Arbeitszeugnis zu erwähnen. Die Klage des Mitarbeiters hatte daher auch diesbezüglich keinen Erfolg und der Arbeitgeber muss das Zeugnis nicht ändern (ArbG Siegburg, 23.1.2025, 5 Ca 1465/24).

Fazit: So gehen Sie mit (vermuteten) Straf­taten im Arbeitszeugnis um

  • Einen Straftatverdacht oder ein laufendes Ermittlungsverfahren, z. B. wegen Diebstahls oder Unterschlagung, dürfen Sie im Arbeitszeugnis nicht erwähnen.
  • Geht es jedoch um eine Straftat, bei der dem Mitarbeiter anvertraute Kinder oder Patienten gefährdet wurden, sind Sie verpflichtet, dies zu erwähnen.
  • Eine erwiesene Straftat dürfen Sie im Arbeitszeugnis erwähnen, sofern sie im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht.

Meine Empfehlung:

Formulieren Sie bei „normalen“ Straftaten zurückhaltend

Wenn ein Mitarbeiter Sie etwa erwiesenermaßen bestohlen hat, dürfen Sie ihm im Zeugnis keine Ehrlichkeit bestätigen. Aber Sie sollten auch nicht unverblümt schreiben, was er getan hat. Denn irgendwann wird die Straftat im Bundeszen­tralregister gelöscht und dann dürfte sie auch nicht mehr im Arbeitszeugnis erscheinen. Beschränken Sie sich daher auf Andeutungen, z. B. indem Sie auf das Beendigungsdatum hinweisen („endet kurzfristig am …“) oder indem Sie Formulierungen nutzen wie „war gegenüber Kollegen ehrlich“ oder „haben die Kassenführung am … einem anderen Mitarbeiter übertragen“.

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Hildegard Gemünden ist seit mehr als 20 Jahren als Chefredakteurin, Autorin und Beraterin tätig. Sie ist spezialisiert auf Arbeits-, Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht sowie eine moderne Mitarbeiterführung