Arbeitsvertrag

Stichtagsregelung: Wer vorher ausscheidet, bekommt nichts

Jahressonderzahlungen dienen gemeinhin dazu, den Mitarbeiter zusätzlich zu motivieren. Mit Blick auf ehemalige Mitarbeiter wird dieses Ziel naturgemäß komplett verfehlt. Wollen Sie aus diesem Grund die Sonderzahlung vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt abhängig machen, müssen Sie eine wichtige Voraussetzung beachten.

Burkhard Boemke

21.04.2025 · 2 Min Lesezeit

Der Fall:

Ein Arbeitnehmer nahm am 01.09.2019 bei seinem Arbeitgeber eine Ausbildung zum Mechatroniker auf. Nach Abschluss der Ausbildung beschäftigte der Arbeitgeber ihn als Messschlosser bzw. Mitarbeiter für zerstörungsfreie Prüfungen (ZFP) weiter. Auf das Arbeitsverhältnis fand dabei folgende Regelung eines Tarifvertrages Anwendung:

§ 15 Jahressonderzahlung

Die Mitarbeiter erhalten mit dem Novemberentgelt eine Jahressonderzahlung in Höhe von 100% des Bruttomonatstabellenentgelts. Im Jahr des Eintritts wird die Jahressonderzahlung zeitanteilig entsprechend für jeden vollen Beschäftigungsmonat zu 1/12 gezahlt.

Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung des Arbeitnehmers zum 31.08.2023. Der Arbeitnehmer war der Ansicht, ihm stehe die Jahressonderzahlung ebenfalls zu. Er habe zumindest einen Anspruch auf 8/12 für das Jahr 2023.

Soweit die Auszahlung gemäß § 15 Manteltarifvertrag mit dem Novemberentgelt erfolge, handele es sich lediglich um eine Fälligkeitsregelung. Die tarifvertragliche Jahressonderzahlung diene nicht allein dazu, Betriebstreue zu honorieren, sondern stelle auch Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung dar.

§  Das Urteil:

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern sah es anders und gab dem Arbeitgeber recht. Der Arbeitnehmer habe keinen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung für das Jahr 2023 aus der dargestellten Regelung.

Es handele sich hier um eine sogenannte Stichtagsregelung, welche grundsätzlich zulässig ist. Die Formulierung „… erhalten mit dem Novemberentgelt …“ setze begrifflich voraus, dass der Mitarbeiter ein Entgelt für den Monat November erhält, was wiederum ein bestehendes Arbeitsverhältnis, zumindest an einem Novembertag, voraussetze.

Mit dieser Regelung sei gerade nicht nur die Fälligkeit des Anspruchs festgelegt worden. Für eine bloße Fälligkeitsregelung hätte die allgemein übliche Angabe eines konkreten Datums, z. B. „spätestens am 30.11.“, oder einer Zeitspanne, z. B. „im November eines jeden Jahres“, genügt. Hier hätten sich die Parteien jedoch nicht auf die Angabe eines Datums oder Zahlungszeitraums beschränkt, sondern auf den Erhalt einer Entgeltzahlung für November Bezug genommen.

Für eine Auslegung als Stichtagsregelung sprächen auch Gründe der Praktikabilität. Die Abrechnung von Zahlungen weit nach Ende des Arbeitsverhältnisses sei mit einem zusätzlichen Aufwand verbunden und werde deshalb nach Möglichkeit vermieden.

Ausnahmen davon setzten regelmäßig besondere Gründe oder Anlässe voraus, wie z. B. Provisionsnachzahlungen oder Nachzahlungen nach Rechtsstreiten.

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