Probezeit

Probezeit muss im Verhältnis zum Befristungszeitraum stehen

Vereinbaren Sie mit einem Mitarbeiter ein befristetes Arbeitsverhältnis, gilt ein besonderes Augenmerk auch der Kündigungsregelung. Während Sie selbstverständlich bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (und der sonstigen Voraussetzungen) immer fristlos kündigen dürfen, ist eine ordentliche Kündigung nur dann möglich, wenn Sie das ausdrücklich vereinbart haben (§ 15 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)). Beabsichtigen Sie zugleich noch die Verkürzung der Kündigungsfrist auf 2 Wochen (längstens für die ersten 6 Monate möglich; sog. Probezeit), sollten Sie eine weitere Besonderheit beachten, wie dieser brandaktuelle Fall zeigt.

Burkhard Boemke

09.04.2025 · 3 Min Lesezeit

Der Fall:

Ein Arbeitgeber beschäftigte einen Mitarbeiter, dessen Arbeitsvertrag u. a. folgende Regelung enthielt:

„§ 1 Beginn des Arbeitsverhältnisses, Probezeit

1. Der Arbeitnehmer wird ab 01.09.2022 als Serviceberater/Kfz-Meister eingestellt.

2. Die Einstellung erfolgt zunächst zur Probe bis zum 28.02.2023. Das Probearbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Probezeit fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit begründet. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits mit einer Frist von 2 Wochen schriftlich gekündigt werden.“

Mit Schreiben vom 28.10.2022 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum 11.11.2022. Das Kündigungsschreiben wurde von einem Boten am selben Tag gegen 13:00 Uhr in den Briefkasten des Klägers eingelegt.

Der Arbeitnehmer zog gegen die Kündigung vor Gericht. Diese sei unwirksam gewesen, weil im bis zum 28.02.2023 befristeten Arbeitsvertrag keine Kündigungsmöglichkeit wirksam vereinbart worden sei. Die dort geregelte Probezeit habe nämlich nicht im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit gestanden.

§  Das Urteil:

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab dem Mitarbeiter nur teilweise recht. Zwar habe der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht wirksam mit einer Zwei-Wochen-Frist beenden können. Jedoch sei die Kündigung als ordentliche Kündigung mit einer Vier-Wochen-Frist wirksam gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei deshalb zum 30.11.2022 beendet worden.

Die Vereinbarung der Probezeit, die eine Zwei-Wochen-Frist bedeutet hätte, sei in dieser Ausprägung unwirksam gewesen. Die vereinbarte Probezeit von 6 Monaten sei unverhältnismäßig, weil sie ohne besondere Umstände nicht der gesamten Befristungsdauer entsprechen dürfe. Hier jedoch habe der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zunächst auf die ersten 6 Monate befristet (Probearbeitsverhältnis) und zugleich die Möglichkeit der Verkürzung der Kündigungsfrist während der Probezeit wahrgenommen.

Die Vereinbarung sei dennoch so auszulegen, dass bereits während des befristeten Probearbeitsverhältnisses ein Kündigungsrecht bestehen sollte (dies muss für ein befristetes Arbeitsverhältnis explizit vereinbart werden (§ 15 Abs. 4 TzBfG)). Hierfür galt dann jedoch die normale gesetzliche Kündigungsfrist von 4 Wochen; § 622 Abs. 1 BGB.

Meine Empfehlung:

Entgegen verbreiteter Auffassung hat die Vereinbarung einer Probezeit keine Bedeutung für das arbeitgeberseitige Kündigungsrecht. Sie führt im Arbeitsrecht nur zu einer Verkürzung der Kündigungsfrist auf 2 Wochen. Diese kann nach § 622 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für einen Zeitraum von bis zu 6 Monaten vereinbart werden.

Wird für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart, so muss diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen (§ 15 Abs. 3 TzBfG). Eine ausdrückliche Regelung dahingehend, welche Dauer einer Probezeit im befristeten Arbeitsverhältnis noch angemessen und damit zulässig ist, findet sich dagegen nirgends.

Bis insoweit in der Rechtsprechung bestimmte Leitlinien aufgestellt worden bzw. Tendenzen erkennbar sind, wird noch Zeit ins Land gehen. In der juristischen Literatur gibt es zwar bereits erste Auffassungen, diese gehen jedoch leider ziemlich weit auseinander, sodass eine vernünftige Orientierung hieran auch nicht möglich ist; vertreten wird insoweit:

  • Eine Probezeitdauer von regelmäßig 50 % im Verhältnis zur Befristungsdauer bis hin zu maximal 6 Monaten sei angemessen, wobei im Einzelfall Abweichungen in beide Richtungen aufgrund der Art der Tätigkeit möglich sein sollen,
  • eine Probezeit dürfe nur 25 % der Befristungsdauer betragen,
  • die Höchstdauer der Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen betrage in jedem Fall weniger als 6 Monate,
  • bei einer Befristungsdauer von weniger als 12 Monaten sei eine Probezeit von 6 Monaten nicht mehr pauschal möglich,
  • eine 6-monatige Probezeit sei auch im befristeten Arbeitsverhältnis immer angemessen.

Das BAG hielt sich im oben dargestellten Urteil ebenfalls bedeckt mit Blick auf die Annahme etwaiger absoluter Größen. Allerdings wurde deutlich entschieden, dass ohne Hinzutreten besonderer Umstände die Probezeit nicht die gesamte Dauer der Befristung umfassen dürfe.

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Professor Dr. jur. Burkhard Boemke ist seit 1998 geschäftsführender Direktor des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht an der Juristenfakultät der Universität Leipzig. Er hat zahlreiche Bücher sowie Fachbeiträge zum Individual- […]

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