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Pflegeversicherung: Beachten Sie diese Neuerungen zum digitalen Nachweis der Elterneigenschaft

Die Beitragsberechnung zur Pflegeversicherung ist kompliziert. Ursache dafür sind die abgestuften Zusatzbeiträge, die sich nach der Anzahl der Kinder richten. Um die Sache für Arbeitgeber, in diesem Zusammenhang „beitragsabführende Stellen“ genannt, und die Pflegekassen etwas zu erleichtern, wird der Nachweis der Elterneigenschaft bei Mitarbeitern ab dem 1.7.2025 digitalisiert. Damit verbunden sind Meldepflichten für Arbeitgeber. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) hat kürzlich weitere Konkretisierungen veröffentlicht, die Sie kennen sollten.

Britta Schwalm

10.06.2025 · 4 Min Lesezeit

Am 30.6.2025 endet in der Pflegeversicherung der Übergangszeitraum für das vereinfachte Nachweisverfahren zur Elterneigenschaft und zur Anzahl der Kinder. Ab 1.7.2025 gilt das automatisierte Nachweisverfahren. Die grundsätzlichen Hinweise des GKV-Spitzenverbandes sind eine Orientierungshilfe, die ständig angepasst wird. In einer aktuellen Fassung vom 31.3.2025 gibt es neue Klarstellungen zur Verzinsung von Beitragserstattungen und Empfehlungen zum Nachweis der Elterneigenschaft ab dem 1.7.2025.

Digitales Verfahren: ab Juli für alle Pflicht

Ab 1.7.2025 müssen Arbeitgeber und Pflegekassen das automatisierte Nachweisverfahren für die Elterneigenschaft und die Anzahl der Kinder nutzen (geregelt in § 55a Sozialgesetzbuch (SGB) XI). Wenn Ihr Unternehmen einen neuen Mitarbeiter einstellt und Sie feststellen müssen, ob für diesen ein Zusatzbeitrag zur Pflegeversicherung anfällt, läuft das Verfahren ab diesem Zeitpunkt folgendermaßen ab:

  1. Sie rufen die Angaben zur Elterneigenschaft und zur Anzahl der Kinder in einem digitalen Verfahren beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) ab.
  2. Gibt es danach Änderungen an der Kinderzahl, meldet das BZSt dies automatisiert und aktiv an Ihr Unternehmen.
  3. Sie können auch Anfragen für abgeschlossene vergangene Zeiträume stellen, sogenannte Historienanfragen. Das BZSt meldet dann die Angaben für genau diese Zeiträume zurück.

Hier kann Aufklärungsarbeit nötig werden

Ausnahmen vom automatisierten Verfahren gelten immer dann, wenn Kinder steuerlich nicht erfasst, aber wichtig für die Berechnung der Pflegeversicherungsbeiträge sind. Das ist zum Beispiel bei Stief- und Pflegekindern möglich.

ACHTUNG

Sind Kinder steuerlich nicht erfasst, müssen sich Beschäftigte grundsätzlich selbst darum kümmern, die Kinder beim Arbeitgeber oder der Pflegekasse anzuzeigen. Für den Arbeitgeber bzw. für den Entgeltabrechner gilt in solchen Fällen: Hat er abweichende Angaben von Beschäftigten bekommen, muss er das aufklären.

Grundsätzlich gilt: Erhalten Sie Nachweise über Elterneigenschaft und anrechenbare Kinder von den Beschäftigten Ihres Unternehmens, müssen Sie diese anerkennen – auch wenn das BZSt möglicherweise etwas anderes gemeldet hat.

ACHTUNG

Angaben, die von den Mitarbeitern Ihres Unternehmens während des vereinfachten Nachweisverfahrens gemacht wurden, können von der Kranken- oder Pflegekasse für Zeit nach dem 30.6.2025 nicht so einfach übernommen werden

Was sind Eltern?

Vom Zuschlag in der Pflegeversicherung befreit sind alle Eltern und das sind: leibliche Eltern, Adoptiveltern, Stief- oder Pflegeeltern und ehemalige Eltern (deren Kind/er verstorben ist/sind). Sowohl der Vater als auch die Mutter sind von dem Zuschlag befreit.

ACHTUNG

Die Elterneigenschaft für ein Kind kann auch von mehr als 2 Elternteilen erfüllt werden. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn leibliche Eltern geschieden werden, ein Elternteil wieder heiratet und das Kind mit in den Haushalt des neuen Ehepartners nimmt. Den Beitragszuschlag müssen dann die leiblichen Eltern nach wie vor nicht zahlen, aber auch der neue Stiefelternteil ist vom Zusatzbeitrag befreit.

Alle Mitarbeiter, auf die die genannten Elterneigenschaften nicht zutreffen bzw. die keine Nachweise über ihre Elterneigenschaft erbringen, gelten als „kinderlos“.

Auch junge Mitarbeiter sind befreit

Beschäftigte, die das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind ebenfalls vom Beitragszuschlag für Kinderlose befreit. Ein Lebensjahr wird einen Tag vor dem Geburtstag vollendet. Daher müssen Arbeitgeber für Mitarbeiter, die am Ersten eines Monats ihren 23. Geburtstag feiern, den Beitragszuschlag sofort entrichten.

Beispiele:


Ein Mitarbeiter hat am 15.1.2002 Geburtstag und hat sein 23. Lebensjahr am 14.1.2025 vollendet. Seine Zuschlagspflicht in der Pflegeversicherung begann am 1.2.2025.

Ein Mitarbeiter hat am 31.1.2002 Geburtstag und hat sein 23. Lebensjahr am 30.1.2025 vollendet. Seine Zuschlagspflicht in der Pflegeversicherung begann ebenfalls am 1.2.2025.

Ein Mitarbeiter hat am 1.7.2002 Geburtstag und vollendet sein 23. Lebensjahr am 30.6.2025. Seine Zuschlagspflicht in der Pflegeversicherung beginnt am 1.7.2025.

Das gilt für die Verzinsung von Erstattungen

Zu Erstattungen von Beitragsteilen kann es kommen, wenn beispielsweise ein Arbeitnehmer bisher als kinderlos geführt wurde und den erhöhten Beitrag gezahlt hat. Über das digitale Verfahren wird ab Juli aber bestätigt, dass er ein Kind hat. Damit fällt der Beitragszuschlag für diesen Mitarbeiter weg und er erhält eine Beitragserstattung.

ACHTUNG

Die Beiträge werden durch Auszahlung oder Aufrechnung mit den Beiträgen zur Pflegeversicherung für den laufenden Abrechnungszeitraum erstattet. Das gilt auch dann, wenn das Beschäftigungsverhältnis zu diesem Zeitpunkt bereits beendet ist. Die gemeinsamen Grundsätze für die Auf- bzw. Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge gelten nicht.

Im Hinblick auf die Verzinsung lautete die Aussage des GKV-Spitzenverbandes zu solch einem Fall bisher: Wenn der Beitragszuschlag für Kinderlose durch das digitale Übermittlungsverfahren wegfällt, ist die Erstattung nicht zu verzinsen. In der Veröffentlichung vom 31.3.2025 wurde das aber geändert und es gilt nun Folgendes:

  1. Hat der Arbeitnehmer nur ein Kind, muss die Beitragserstattung nicht verzinst werden.
  2. Hat der Arbeitnehmer jedoch 2 oder mehr Kinder, kann eine Verzinsung nötig werden. Es wird aber nicht die gesamte Beitragserstattung verzinst. Wenn der Arbeitnehmer eigentlich Anspruch auf Beitragsreduzierungen (Beitragsabschläge) hätte, muss nur dieser Anteil der Beitragserstattung verzinst werden. Der zu Unrecht gezahlte Beitragszuschlag für Kinderlose ist dagegen nicht zu verzinsen.

Bei diesen Personen gibt es keinen Abschlag

Muss ein Mitarbeiter seinen Zusatzbeitrag zur Pflegeversicherung nicht selbst tragen, wird der Zusatzbeitrag bei mehreren Kindern nicht reduziert. Das betrifft insbesondere Azubis mit einem Entgelt von nicht mehr als 325 €, Freiwilligendienstleistende und Bezieher von Kurzarbeitergeld.

Das ist der Zuschlag für Kinderlose aktuell

Der Beitragszuschlag in der gesetzlichen Pflegeversicherung beträgt aktuell 0,6 %. Seit dem 1.1.2025 führen Sie also für kinderlose Mitarbeiter, die das 23. Lebensjahr überschritten haben, einen Gesamtbeitrag zur Pflegeversicherung von 4,2 % ab. Davon zahlt Ihr Unternehmen 1,8 %, der Mitarbeiter zahlt davon 2,4 % (1,8 % + 0,6 %). Für Arbeitnehmer mit mehreren Kindern gilt ein Abschlag von 0,25 % pro anrechnungsfähigem Kind. Es werden maximal 5 Kinder unter 25 Jahren angerechnet. Kinder, die das 25. Lebensjahr bereits überschritten haben, können nicht berücksichtigt werden. Sind alle Kinder älter als 25 Jahre, gilt dauerhaft der Ein-Kind-Beitrag.

Diese neuen Beitragssätze gelten in der Pflegeversicherung (außer in Sachsen)


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Britta Schwalm ist Rechtsanwältin und Expertin für Sozialversicherung, Lohn- und Gehaltsabrechnung sowie Arbeits- und Steuerrecht. Sie arbeitet außerdem seit mehreren Jahren als freie Journalistin und Autorin und berät kleine und mittelständische […]