Leserfrage

„Müssen wir Besuche beim Physiotherapeuten während der Arbeitszeit akzeptieren und bezahlen?“

Leser haben uns diese Frage gestellt – wir liefern die Antwort.

Hildegard Gemünden

08.04.2025 · 1 Min Lesezeit

FRAGE:

Einer unserer Mitarbeiter hat längere Zeit wegen Schulter- und Nackenproblemen gefehlt. Er leidet offenbar unter Verschleißerscheinungen, die er auf die Arbeit zurückführt. Er meint deshalb, Termine beim Physiotherapeuten während der Arbeitszeit wahrnehmen zu dürfen, ohne die Ausfallzeit nachzuarbeiten. Allerdings hat er die angebliche Berufskrankheit überhaupt nicht bei der Berufsgenossenschaft gemeldet. Müssen wir vor diesem Hintergrund tatsächlich Therapietermine während der Arbeitszeit akzeptieren und vergüten?

ANTWORT:

Ihr Mitarbeiter muss die Physiotherapietermine nach Möglichkeit außerhalb der Arbeitszeit legen

Bei Physiotherapien ist es wie bei Arztbesuchen: Ihre Mitarbeiter müssen versuchen, diese Termine außerhalb der Arbeitszeit zu absolvieren. Nur wenn eine Behandlung akut erforderlich ist oder der Arzt bzw. Therapeut keinen Behandlungstermin außerhalb der Arbeitszeit anbietet, müssen Sie als Arbeitgeber Termine während der Arbeitszeit akzeptieren. Sie können von Ihrem Mitarbeiter auch einen Nachweis des Physiotherapeuten bzw. Arztes über die Erforderlichkeit des Termins während der Arbeitszeit verlangen. Die Kosten dieses Nachweises tragen dann Sie als Arbeitgeber. Ob der Besuch beim Arzt bzw. Physiotherapeuten wegen einer Berufskrankheit oder eines Arbeitsunfalls erforderlich ist, spielt dagegen keine Rolle.

Je kürzer und flexibler jemand arbeitet, desto eher muss er seine Freizeit nutzen

So brauchen Sie einem Mitarbeiter, der in Gleitzeit arbeitet und seinen Arzt oder Therapeuten außerhalb der Kernarbeitszeit aufsucht, für die Zeit des Arzt- bzw. Therapeutentermins keine Arbeitszeit gutzuschreiben. Falls Ihr Mitarbeiter beispielsweise nur 4 Tage pro Woche arbeitet, können Sie auch von ihm verlangen, dass er planbare Arzt- oder Therapeutenbesuche an seinen freien Tagen absolviert – sofern die Praxis dann geöffnet hat.

Erforderliche Termine während der Arbeitszeit müssen Sie in der Regel bezahlen

Denn Ihre Mitarbeiter verlieren ihren Vergütungsanspruch nicht, wenn sie unverschuldet aus persönlichen Gründen für verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit an der Arbeitsleistung gehindert sind (§ 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Hierunter fallen auch notwendige Arzt- oder Therapeutenbesuche. Allerdings können Sie § 616 BGB im Arbeitsvertrag einschränken oder ausschließen. Nur wenn Sie diese Möglichkeit genutzt haben, brauchen Sie notwendige Arzt- oder Therapeutenbesuche nicht zu bezahlen und Ihr Mitarbeiter muss die Ausfallzeiten nacharbeiten.

Meine Empfehlung:

Weisen Sie Ihre Mitarbeiter darauf hin, dass Arzt- und Therapeutenbesuche außerhalb der Arbeitszeit stattfinden sollen und nur in begründeten Ausnahmefällen während der Arbeitszeit zulässig und ggf. vergütungspflichtig sind.



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