Kündigung

Mitarbeiter geht während Arbeitszeit separat honorierter Nebentätigkeit nach: Fristlose Kündigung gerechtfertigt

Vertrauen ist gut; Kontrolle ist besser. Natürlich möchten Sie Ihren Mitarbeitern am liebsten blind vertrauen können, insbesondere wenn es um die korrekte Arbeitszeit geht. Leider gilt hier aber zu oft das Sprichwort: „Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch.“ Im nachfolgenden Fall blieb dem Arbeitgeber nur noch die fristlose Kündigung, weil das Vertrauen zerstört war.

Burkhard Boemke

30.06.2025 · 2 Min Lesezeit

Der Fall:

Ein Arbeitnehmer war seit 1996 als Leiter der Abteilung für Verwaltung, Personaleinsatz und Organisation einer städtischen Feuerwehr beschäftigt. Für seine Arbeitszeit galt ein täglicher Gleitzeitrahmen von montags bis freitags von 6.30 Uhr bis 18.30 Uhr. Innerhalb dieses Zeitraums konnten die tariflich geschuldeten 39 Wochenstunden erbracht werden.

Zusätzlich ging der Arbeitnehmer einer Nebenbeschäftigung als Dozent in einem Studieninstitut der Stadt nach, die er auch angezeigt hatte. Dabei durften 78 Zeitstunden, d. h. 104 Unterrichtsstunden, innerhalb der Rahmenarbeitszeit ohne Nacharbeitsverpflichtung erbracht werden.

Im Zusammenhang mit seiner Haupttätigkeit stellte der Arbeitnehmer regelmäßig Anträge auf Überstunden, die bewilligt und in erheblichem Umfang ausbezahlt wurden. 2024 fielen seinem Arbeitgeber Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Dozententätigkeit auf. Das eingeschaltete Rechnungsprüfungsamt stellte fest, dass der Arbeitnehmer gegenüber dem Studieninstitut Honorar u. a. für Tätigkeiten in der Zeit von 17:30 bis 20:45 Uhr abgerechnet hatte. Für diese Zeit hatte er sich nicht ausgeloggt, sondern seine Dienstzeit im Rahmen seiner Haupttätigkeit „durchlaufen lassen“. Zu diesen Überschneidungen kam es in 2024 an 26 Tagen für 50 Stunden und 54 Minuten, und in 2023 an insgesamt 72 Tagen für 165 Stunden und 4 Minuten.

Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis nach Anhörung des Mitarbeiters fristlos. Der Arbeitnehmer klagte gegen die Kündigung. Er habe nämlich deutlich über das reguläre Stundenmaß hinaus Überstunden geleistet. Dem Arbeitgeber sei so kein Schaden entstanden.

§  Das Urteil:

Für das Arbeitsgericht (ArbG) Duisburg spielte das keine Rolle. Die fristlose Kündigung sei wirksam, weil ein wichtiger Grund gemäß § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch vorliege. Der Arbeitnehmer habe seine Arbeitszeit vorsätzlich falsch dokumentiert. Er habe in ganz erheblichem Umfang Arbeitszeit, die vermeintlich auf seine Haupttätigkeit bei der Feuerwehr entfiel, „durchlaufen lassen“, obwohl er in Wahrheit einer gesondert vergüteten Nebentätigkeit bei dem Studieninstitut nachging.

Erschwerend käme hinzu, dass die Unterrichtstätigkeit zumeist in der Zeit von 17.30 bis 20.45 Uhr und damit im Wesentlichen außerhalb des Gleitzeitrahmens erbracht wurde. Diese habe so nicht Gegenstand einer nachträglichen Zeitgutschrift sein können.

Der Einwand des Arbeitnehmers, er habe quasi rund um die Uhr gearbeitet, ohne dies zu erfassen, sei unerheblich. In Täuschungsabsicht angestrebte unberechtigte Zeitvorteile würden nicht dadurch gerechtfertigt, dass andere Arbeitsleistungen zwar erbracht, aber nicht verbucht wurden (ArbG Duisburg, 13.11.2024, Az. 4 Ca 1009/24).

Meine Empfehlung:

Grundsätzlich gilt in Deutschland die Berufsfreiheit. Das heißt, jeder Ihrer Mitarbeiter kann neben seinem Job bei Ihnen auch einer sog. Nebentätigkeit nachgehen. Problematisch wird es aber dann, wenn unter der Nebenbeschäftigung die Haupttätigkeit bei Ihnen leidet oder durch die weitere Beschäftigung die Höchstarbeitszeiten nach dem Arbeitszeitgesetz überschritten werden.

TIPP:

Um sich insoweit abzusichern, können Sie bereits im Arbeitsvertrag eine Regelung aufnehmen, die Ihre Mitarbeiter zumindest zur Anzeige der Nebentätigkeit bei Ihnen verpflichtet.

Fakt ist aber: Allein die Anzeige der Nebentätigkeit oder sogar Genehmigung durch Sie als Arbeitgeber berechtigt den Mitarbeiter nicht dazu, diese in Ihrem Hause oder sogar während der Arbeitszeit bei Ihnen auszuüben.

Geht der Mitarbeiter während der Arbeitszeit bei Ihnen der Nebentätigkeit nach, ohne dass Sie davon Kenntnis haben, begeht er Arbeitszeitbetrug. Schließlich kann er regelmäßig schlecht zwei Tätigkeiten parallel mit der gleichen Intensität ausüben. In diesem Fall dürfen Sie regelmäßig direkt zur fristlosen Kündigung greifen. Eine vorhergehende Abmahnung ist grundsätzlich schon deshalb nicht erforderlich, weil der Mitarbeiter nicht davon ausgehen durfte, dass Sie ihn für dessen Nebentätigkeit vergüten möchten.

Wie hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

0
0

273
4
152
Professor Dr. jur. Burkhard Boemke ist seit 1998 geschäftsführender Direktor des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht an der Juristenfakultät der Universität Leipzig. Er hat zahlreiche Bücher sowie Fachbeiträge zum Individual- […]

Ausgaben

Ausgaben

Arbeitsrecht kompakt

KW 27-28 I 2025

·

30.06.2025

Inhaltsverzeichnis