Gefahrstoffe aktuell, Gabriele Janssen

Druckfrisch: Wie Sie die Gefährdungsbeurteilung mit der neuen TRGS 400 erstellen

Am 8. September 2017 wurde die neue Technische Regel für die Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen im Gemeinsamen Ministerialblatt verkündet. Im Folgenden erfahren Sie, welche Neuerungen Sie bei der Ausarbeitung und Aktualisierung Ihrer Gefährdungsbeurteilung berücksichtigen müssen.

Redaktion

01.12.2017 · 5 Min Lesezeit

Wenn Sie die alte TRGS 400 aus dem Jahr 2010 mit der neuen Version vergleichen, erkennen Sie schnell: Diese Technische Regel für Gefahrstoffe wurde vollständig überarbeitet. Bereits der Vergleich der Inhaltsverzeichnisse gibt erste Anhaltspunkte für die Änderungen:

Die TRGS 400 beschreibt die Vorgehensweisen zur Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung nach der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) und bindet deren Vorgaben in den durchdas Arbeitsschutzgesetz vorgegebenen Rahmen ein.

Das sind die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

  • Die Bezüge zu anderen Vorschriften wie beispielsweise der Gefahrstoffverordnung wurden aktualisiert.
  • Es wurde ein neues Kapitel „Verantwortung und Organisation“ aufgenommen.
  • Aufgrund von Rückmeldungen aus der Praxis wurden die Kapitel 5 und 6 zusammengefasst.
  • Physikalisch-chemische Gefährdungen wurden in die TRGS 400 aufgenommen.
  • Die TRGS bezieht sich jetzt ausschließlich auf die Einstufung und Kennzeichnung nach CLP-Verordnung.
  • Sie enthält jetzt Klarstellungen bezüglich der Fachkunde zum Erstellen der Gefährdungsbeurteilung.
  • Das Kapitel geringe Gefährdung wurde erweitert um Beispiele für nicht geringe Gefährdung.
  • Es wurden Hinweise, wie mit Datenlücken im Sicherheitsdatenblatt umzugehen ist, aufgenommen.
  • Das Fließbild zum Vorgehen bei der Gefährdungsbeurteilung in Anlage 1 wurde aktualisiert.
  • Die Checkliste in Anlage 2 wurde durch eine Auflistung von Kriterien für die Überprüfung von Handlungsempfehlungen zum Vorgehen bei der Gefährdungsbeurteilung ersetzt.

Wie Sie bei der Gefährdungsbeurteilung richtig vorgehen

Sie dürfen in Ihrem Betrieb eine Tätigkeit mit Gefahrstoffen erst dann aufnehmen lassen, nachdem eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt und die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergriffen worden sind. Durch systematisches Vorgehen bei der Gefährdungsbeurteilung stellen Sie sicher, dass Sie auch wirklich kein wichtiges Detail vergessen. Das nachstehende Fließbild beschreibt die in der TRGS 400 empfohlene Vorgehensweise. Außerdem sollten Sie die folgenden Tipps berücksichtigen.

Tipp Nr. 1: Beauftragen Sie qualifizierte Personen mit der Beurteilung

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung verantwortlich. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so hat er sich fachkundig, z. B. durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit, beraten zu lassen.

Tipp Nr. 2: Entscheiden Sie, welche Arbeitsplätze beurteilt werden

Legen Sie fest, ob Sie Ihre Gefährdungsbeurteilung für eine Tätigkeit oder einen Betriebsbereich, wie beispielsweise für die Gebindebefüllung, durchführen möchten. Betrachten Sie auch Instandhaltungsarbeiten, einschließlich Wartungsarbeiten sowie Bedien- und Überwachungsarbeiten, wenn diese zu einer Gefährdung Ihrer Mitarbeiter durch Gefahrstoffe führen können.

Tipp Nr. 3: Berücksichtigen Sie die 8 wesentlichen Gesichtspunkte

  1. Betrachten Sie die gefährlichen Eigenschaften der Stoffe oder Gemische
    Hierzu liefert Ihnen das Gefahrstoffetikett wichtige Informationen. Als beruflicher Verwender haben Sie zudem Anspruch auf ein Sicherheitsdatenblatt. Dieses Dokument enthält neben den Angaben zur Einstufung und Kennzeichnung auch zusätzliche Informationen zu gefährlichen Inhaltsstoffen sowie zu physikalisch-chemischen Wirkungen.
  2. Nutzen Sie Informationen des Herstellers oder Lieferanten zum Gesundheitsschutz und zur Sicherheit
    Erkundigen Sie sich beim Lieferanten, welche Informationen er neben dem Sicherheitsdatenblatt zur Verfügung stellen kann. Das technische Merkblatt oder die Gebrauchsanweisung enthalten in der Regel Hinweise zu einer sachgerechten Dosierung. Einem Analysenzertifikat oder Werksprüfzeugnis können Sie chargenbezogene sicherheitsrelevante Daten entnehmen.
  3. Ermitteln Sie Art und Ausmaß der Exposition unter Berücksichtigung aller Expositionswege
    Setzen Sie sich mit Ihren Mitarbeitern zusammen und lassen Sie sich erklären, wie sie ihre Arbeit erledigen. Durch eine Begehung können Sie sich selbst ein Bild vom Arbeitsablauf machen und klären, ob es zum Hautkontakt kommen kann. Durch eine Messung können Sie zudem klären, ob Gefahrstoffe in kritischen Mengen in der Luft am Arbeitsplatz vorhanden sind.
  4. Prüfen Sie die Möglichkeiten einer Substitution
    Wo Gefahrstoffe zum Einsatz kommen, muss immer geprüft werden, ob es nicht weniger gefährliche Alternativen gibt. Hier lohnt sich auch eine Anfrage beim Lieferanten.
  5. Bewerten Sie die Arbeitsbedingungen und Verfahren, einschließlich der Arbeitsmittel und der Gefahrstoffmenge
    Nutzen Sie Ihre betriebsspezifischen Verfahrensanweisungen und Ihre Erkenntnisse aus der Begehung und den Gesprächen mit den Beschäftigten vor Ort.
  6. Beachten Sie die Arbeitsplatzgrenzwerte und biologische Grenzwerte
    Der Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) gemäß TRGS 900 ist der Grenzwert für die zeitlich gewichtete durchschnittliche Konzentration eines Stoffes in der Luft am Arbeitsplatz in Bezug auf einen gegebenen Referenzzeitraum. Er gibt an, bei welcher Konzentration eines Stoffes akute oder chronisch schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit im Allgemeinen nicht zu erwarten sind.
    Der Biologische Grenzwert (BGW) gemäß TRGS 903 ist der Grenzwert für die toxikologisch-arbeitsmedizinisch abgeleitete Konzentration eines Stoffes oder seines Umwandlungsprodukts im entsprechenden biologischen Material, bei dem im Allgemeinen die Gesundheit eines Beschäftigten nicht beeinträchtigt wird.
  7. Kontrollieren Sie die Wirksamkeit der ergriffenen oder zu ergreifenden Schutzmaßnahmen
    Wenn Sie die vorgesehenen Schutzmaßnahmen, wie beispielsweise den Einbau einer Punktabsaugung, umgesetzt haben, müssen Sie prüfen, ob sie auch die gewünschte Wirkung haben oder ob eventuell zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind.
  8. Werten Sie Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge aus
    Je nachdem, welche Gefahrstoffe zum Einsatz kommen, ist arbeitsmedizinische Vorsorge als Pflicht- oder Angebotsvorsorge erforderlich. Der Arzt hat die Erkenntnisse arbeitsmedizinischer Vorsorge auszuwerten. Ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Maßnahmen des Arbeitsschutzes in Ihrem Betrieb nicht ausreichen, so hat er Ihnen das mitzuteilen und Maßnahmen des Arbeitsschutzes vorzuschlagen.

Tipp Nr. 4: Kontrollieren Sie, ob die Maßnahmen greifen

Was nutzt die beste Gefährdungsbeurteilung, wenn die festgelegten Maßnahmen nicht umgesetzt werden oder nicht ausreichend wirksam sind. Daher sollten Sie als Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung auch Methoden und Fristen zur Überprüfung der Wirksamkeit bestehender und zu treffender Schutzmaßnahmen festlegen.
Führt die Wirksamkeitsüberprüfung zum Ergebnis, dass die getroffenen Schutzmaßnahmen nicht ausreichend sind, so haben Sie die Gefährdungsbeurteilung neu durchzuführen und es sind zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen.

Tipp Nr. 5: Sorgen Sie für eine lückenlose Dokumentation

Schreiben Sie genau auf, welche Tätigkeit beurteilt wurde und welche Fakten Sie berücksichtigt haben. Überprüfen Sie Ihre Gefährdungsbeurteilung in regelmäßigen Abständen. Sie ist umgehend zu aktualisieren, wenn maßgebliche Veränderungen oder neue Informationen dies erfordern. Anlässe hierfür können sein:

  • Die Einführung neuer Gefahrstoffe in Arbeitsbereiche
  • Änderungen der Tätigkeiten oder der Bedingungen am Arbeitsplatz (Schutzmaßnahmen, Gefahrstoffmengen, Arbeitsverfahren, Lüftungsverhältnisse)
  • Ergebnisse aus der regelmäßigen Wirksamkeitsüberprüfung von Schutzmaßnahmen
  • Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge
  • Änderungen bei den Arbeitsplatzgrenzwerten und Biologischen Grenzwerten
  • Neue Erkenntnisse zu gefährlichen Stoffeigenschaften, wie die Einstufung und Kennzeichnung des Gefahrstoffs.
  • Geänderte rechtliche Anforderungen, wie eine Anpassung der Gefahrstoffverordnung.

Download-Hinweis: Die neue TRGS 400 fordert die Festlegung eines Intervalls, in dem die Gefährdungsbeurteilung auch ohne die vorstehend genannten Anlässe überprüft werden muss. Sie können alle TRGS unter www.gefahrstoffe-aktuell.com abrufen.

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