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Dienstreisen: Was Sie regeln sollten, wenn Ihre Mitarbeiter im Auftrag der Firma unterwegs sind

Messen, Besuche bei Kunden und Geschäftspartnern oder persönliche Besuche in anderen Niederlassungen: Dienstreisen sind in vielen Jobs auch durch Videokonferenzen nicht vollständig zu ersetzen. Doch „Wenn einer eine Reise tut …“ – dann sind viele Dinge zu regeln. Das gilt vor allem für Sie als Arbeitgeber, wenn Sie Ihre Mitarbeiter auf (Dienst-)Reise schicken.
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Burkhard Boemke

07.10.2024 · 6 Min Lesezeit

Stellen Sie Ihr Rechte im Arbeitsvertrag klar

Zu den Aufgaben eines Mitarbeiters zählen im Allgemeinen auch betrieblich veranlasste Fahrten. Sie können diese kraft Ihres Direktionsrechts aus § 106 Gewerbeordnung anordnen. Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass Mitarbeiter behaupten, Dienstreisen seien nicht Bestandteil ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung. Das ist schlichtweg falsch! Um derartige Diskussionen jedoch von vornherein zu vermeiden, sollten Sie Ihre Befugnis zur Anordnung einer Dienstreise auch im Arbeitsvertrag ausdrücklich klarstellen.

§ … Dienstreisen

(1) Dienstreisen gehören zu den Arbeitsaufgaben des Arbeitnehmers. Diese sind auf Anordnung des Arbeitgebers durchzuführen.

Auch das bei der Dienstreise zu benutzende Beförderungsmittel (etwa Flugzeug oder Bahn) können Sie als Arbeitgeber kraft Ihres Direktionsrechts bestimmen. Dies umfasst auch Ihr Recht festzulegen, dass der Mitarbeiter einen zur Verfügung gestellten Dienstwagen benutzt und diesen auch selbst führt. Sie können sogar verlangen, dass er noch Arbeitskollegen mitnimmt. Um sicherzugehen, sollten Sie aber auch diese Verpflichtung wiederum ausdrücklich im Arbeitsvertrag regeln:

(1) … « wie oben »

(2) Der Arbeitnehmer erklärt sich bereit, auf Anordnung des Arbeitgebers für Dienstfahrten einen ihm zur Verfügung gestellten Dienstwagen zu benutzen. Soweit erforderlich, hat er dabei auch andere Mitarbeiter des Betriebs mitzunehmen.

TIPP

Auch wenn in Ihrem Betrieb ein Betriebsrat besteht, können Sie Dienstreisen regelmäßig ohne dessen Beteiligung anordnen. Ihr Betriebsrat hat hier kein Mitbestimmungsrecht. Etwas anderes gilt aber, wenn Ihr Mitarbeiter (mit Ausnahme der Außendienstmitarbeiter) länger als einen Monat auf Dienstreise ist oder sich die Arbeitsumstände wesentlich ändern. Dann liegt eine Versetzung vor, die der Zustimmung Ihres Betriebsrats bedarf (§ 99 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz).

Spesen & Co.: Welche Kosten Sie (nicht) tragen

Die erforderlichen Kosten, die im Zusammenhang mit der Dienstreise entstehen, tragen Sie als Arbeitgeber. Voraussetzung ist aber, dass die Aufwendungen nicht bereits durch das Arbeitsentgelt bzw. sonstige zusätzliche Zahlung abgegolten oder als persönliche Aufwendungen einzuordnen sind.

Kosten, die Sie als Arbeitgeber tragen, sind regelmäßig

  • erforderliche Fahrt- und Unterkunftskosten,
  • Kosten für Verpflegungsmehraufwendungen oder
  • Kosten für einen Verteidiger bei schuldloser Verursachung eines Verkehrsunfalls.

Nicht ersatzfähige Aufwendungen sind dagegen

  • Fahrtkosten zwischen Privatwohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte,
  • Geldstrafen und Bußgelder oder
  • Kosten der privaten Lebensführung (z. B. Zigarettenkauf beim Betanken des Dienstwagens oder Rechnung der Hotel-Minibar).

Meine Empfehlung!

Schwierigkeiten, die sich bei der Abrechnung von Dienstreisen ergeben, können Sie vermeiden. Mit der nachstehenden Muster-Dienstreiseordnung sorgen Sie in puncto Dienstreisen für klare Verhältnisse in Ihrem Betrieb. Diese können Sie einseitig als betriebliche Anordnung erlassen.

Dienstreiseordnung

(1) Die Anordnung von Dienstreisen erfolgt durch den jeweiligen Vorgesetzten. Für die Genehmigung und Abrechnung der Reisekosten ist einheitlich der Vordruck … « z. B. Dienstreiseantrag » zu verwenden.

(2) Die Nutzung von Flugzeugen oder eines privaten Pkw bedarf der vorherigen Einwilligung des Arbeitgebers.

(3) Übernachtungskosten werden bei Vorlage entsprechender Belege bis zur Höhe von … € je Nacht erstattet.

(4) Für Zugreisen wird eine Fahrkarte der 2. Klasse ersetzt. Wurde eine private BahnCard 25 oder 50 für dienstliche Fahrten eingesetzt, kann der Mitarbeiter mit der Reisekostenabrechnung lediglich die tatsächlich verauslagten Fahrtkosten unter Vorlage der Fahrkarte abrechnen. Zur Erstattung der für die BahnCard entstandenen Kosten kann der Mitarbeiter diese nach Ablauf der Gültigkeitsdauer bei der Reisekostenstelle unter Vorlage der Kopien der Reisekostenabrechnung und der abgelaufenen Original-BahnCard geltend machen. Er erhält dann eine Erstattung in Höhe der für die Firma eingesparten Bahnkosten, maximal die Kosten für den Erwerb der BahnCard. In Ausnahmefällen erstattet die Firma die BahnCard nach vorheriger Absprache mit der Reisekostenstelle sofort bei Kauf, wenn davon auszugehen ist, dass der volle Kaufpreis durch dienstliche Fahrten verbraucht wird.

(5) Spesen werden im Rahmen der jeweils geltenden steuerfrei zu erstattenden Reisekostensätze ersetzt. Für Fahrten und Aufenthalte an verschiedenen Standorten der Firma wird kein Verpflegungsmehraufwand erstattet. Sonstige erforderliche Aufwendungen und Auslagen werden gegen Vorlage einer Quittung erstattet.

(7) Reisekosten sind spätestens innerhalb von 4 Wochen nach Beendigung der Reise abzurechnen. Die Originalbelege sind der Reisekostenabrechnung beizufügen. Erstattungen von Reisekosten erfolgen ausschließlich per Überweisung auf ein benanntes Bankkonto.

Arbeitszeitgesetz: Wann Reisen Arbeitszeit ist

Grundsätzlich gelten auch bei Dienstreisen die gesetzlichen Grenzen, insbesondere die 10-Stunden-Höchstarbeitszeitgrenze nach § 3 Satz 2 Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Nach noch geltender Rechtsprechung sind Wegezeiten für sich betrachtet zumindest dann keine Arbeitszeit im Sinne des ArbZG, wenn Ihr Mitarbeiter öffentliche Verkehrsmittel nutzen darf und es Ihrem Mitarbeiter überlassen bleibt, wie er die Fahrtzeit nutzt. Gleiches gilt für Aufenthaltszeiten am Zielort, etwa im Hotel. Diese Zeiten zur freien Verfügung gelten grundsätzlich nicht als Arbeitszeit im Sinne des ArbZG.

ACHTUNG

 

Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer während der Reise auch tatsächlich eine Arbeitsleistung erbringt. Ist er etwa verpflichtet, während der Fahrt eine Aufgabe zu erfüllen (beispielsweise die Bearbeitung von Akten, Vor- und Nachbereitung des auswärtigen Termins, aber auch das Führen eines Fahrzeugs), ist die Reisezeit als Arbeitszeit zu werten.

Wichtig: Beachten Sie zum Thema Dienstreisen/Reisezeit auch folgendes neue Urteil des EuGH (09.10.2025, Az.: C-110/24):

Der EuGH hat entschieden, dass Reisezeit im fremdgelenkten Pkw (also als Beifahrer) dann Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes ist, wenn das Reisen Teil der Haupttätigkeit ist. Im entschiedenen Fall mussten sich spanische Beschäftigte jeden Tag an einem Stützpunkt versammeln, von wo aus sie gemeinsam zu ihren Einsatzgebieten fuhren. Die Fahrten waren offensichtlich notwendiger Bestandteil der täglichen Arbeitsleistung.

Was für die Vergütung von Reisezeiten gilt

Auch wenn die Reisezeit arbeitsschutzrechtlich nicht immer Arbeitszeit ist, muss sie eventuell doch vergütet werden. Ob und in welchem Umfang das der Fall ist, richtet sich nach den konkreten Umständen und vor allem nach der Vergütungsregelung, die Sie hierfür vereinbart haben.

  1. Reisen innerhalb der Arbeitszeit: Liegen die Reisezeiten innerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit, müssen Sie Ihrem Mitarbeiter sein reguläres Arbeitsentgelt weiterzahlen. Das gilt auch, wenn der Mitarbeiter nichts Dienstliches macht und etwa im Zug Zeitung liest. Achtung! Für die Wegezeiten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte besteht grundsätzlich keine Vergütungspflicht. Etwas anderes gilt ausnahmsweise bei Außendienstmitarbeitern.
  2. Reisen außerhalb der Arbeitszeit: Benötigt Ihr Mitarbeiter zusätzliche Reisezeit, die über seine betriebsübliche Arbeitszeit hinausgeht, ist zu unterscheiden:
  • Haben Sie Ihre Mitarbeiter angewiesen, während der Reise zu arbeiten (Aktenstudium, E-Mails schreiben, Fahrzeug lenken etc.), besteht volle Vergütungspflicht.
  • Doch auch wenn Ihr Mitarbeiter während der Reise keiner Arbeitsbelastung ausgesetzt ist (z. B. Schlafen im Zug, Essen etc.), geht das Bundesarbeitsgericht (BAG) inzwischen davon aus, dass Reisezeiten, die im betrieblichen Interesse erbracht werden, wie Arbeitszeit zu vergüten sind. Sie können für diese Zeiten aber eine geringere Vergütung vereinbaren (BAG, 17.10.2018, Az. 5 AZR 553/17).

So regeln Sie die Vergütung für Reisezeiten

Soweit bei Ihnen keine tariflichen oder betrieblichen Vorschriften bestehen, wie Reisezeiten berücksichtigt und abgegolten werden, sollten Sie unbedingt eine Regelung in den Arbeitsvertrag aufnehmen, etwa mit folgender Klausel:

§ … Reisezeiten

(1) Bei Dienstreisen gilt nur die Zeit der dienstlichen Inanspruchnahme am auswärtigen Geschäftsort als Arbeitszeit.

(2) Für jeden Tag einschließlich der Reisetage wird jedoch mindestens die auf ihn entfallende regelmäßige beziehungsweise dienstplanmäßige Arbeitszeit berücksichtigt, wenn diese bei Nichtberücksichtigung der Reisezeit nicht erreicht würde.

(3) Nicht anrechenbare Reisezeiten, die insgesamt 15 Stunden im Monat überschreiten, werden nach Wahl des Arbeitgebers in Höhe von 25 % wie Arbeitszeit vergütet, jedoch ohne Zuschläge, oder in Höhe von 25 % als Freizeitausgleich gewährt. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn bleibt hiervon unberührt.

(4) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden und Reisezeiten innerhalb und außerhalb der sonst üblichen Dienstzeiten auf dem dafür bereitgestellten Vordruck (Zeiterfassung auf Dienstreisen) zu dokumentieren.

Arbeitshilfen

  • Dienstreisen
  • Dienstwagen
  • Dienstreiseordnung
  • Reisezeiten

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Professor Dr. jur. Burkhard Boemke ist seit 1998 geschäftsführender Direktor des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht an der Juristenfakultät der Universität Leipzig. Er hat zahlreiche Bücher sowie Fachbeiträge zum Individual- […]