Arbeitsvertrag

Bezugnahme auf Tarifvertrag kann ausreichen

Nicht selten kommt es zum Ende eines Arbeitsverhältnisses zum Streit über Abwicklungsfragen. Dann geht es z. B. um Überstunden oder Urlaubsabgeltung. Schön ist es dann, wenn eine Ausschlussfrist gilt, sodass Sie sich als Arbeitgeber nach Zeitablauf entspannt zurücklehnen können. Doch selbst dann ist eine Klage nicht ausgeschlossen. So hat die Arbeitnehmerin in folgendem Fall versucht, die Ausschlussfrist auszuhebeln. Allerdings hatte dies keinen Erfolg.
Business people shaking hands , finishing up a meeting to sign a new contract

Burkhard Boemke

14.07.2025 · 2 Min Lesezeit

Der Fall:

Eine Arbeitnehmerin war seit Juni 2021 als Gesundheits- und Krankenpflegerin bei einem Zeitarbeitsunternehmen tätig. Im Arbeitsvertrag war geregelt, dass der Urlaubsanspruch mit der Vergütung abgegolten sei. Bis zu ihrem Ausscheiden zum 14.11.2022 nahm die Arbeitnehmerin keinen Urlaub in Anspruch. Dieser hätte im ersten Jahr 25 Arbeitstage und in zweiten Jahr 27 Arbeitstage betragen. Die Arbeitnehmerin machte im Mai 2023 die Abgeltung von insgesamt 36 Urlaubstagen geltend.

Der Arbeitgeber berief sich auf eine Ausschlussfrist nach dem anwendbaren Tarifvertrag. Hiergegen wandte sich die Arbeitnehmerin. Durch die rechtswidrige Abgeltungsklausel für den Urlaub sei sie davon abgehalten worden, den Urlaub rechtzeitig geltend zu machen.

Erst durch anwaltliche Beratung habe sie erfahren, dass die Abgeltung unzulässig sei. Der Arbeitgeber habe auch nicht darauf hingewiesen, dass der Urlaub verfalle. Sie müsse daher Urlaubsabgeltung, zumindest aber Schadensersatz erhalten.

§  Das Urteil:

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg folgte dieser Argumentation nicht. Der Urlaubsanspruch sei entstanden und wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich abzugelten. Allerdings habe die Arbeitnehmerin die geltende Ausschlussfrist versäumt. Auf diese könne sich der Arbeitgeber auch berufen. Er sei lediglich rechtsirrig der Auffassung gewesen, er könne durch eine hohe Stundenvergütung den Urlaub kompensieren.

Ein etwaiger Schadensersatzanspruch wegen der unterbliebenen Information über die zustehenden Urlaubstage wäre auch wegen der Ausschlussfrist verfallen. Diese sei der Arbeitnehmerin bekannt gewesen. Die Bezugnahme auf den Tarifvertrag sei eindeutig und auch im Sinne des Nachweisgesetzes ausreichend gewesen (LAG Baden-Württemberg, 03.02.2025, Az. 9 Sa 34/24).

Meine Empfehlung:

Ein Arbeitsvertrag darf mündlich geschlossen werden. Die wesentlichen Vertragsbedingungen müssen aber schriftlich gefasst, unterzeichnet und dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden (seit 01.01.2025 genügt auch Textform und die elektronische Übermittlung!). Hierzu zählen:

  • Name und Anschrift der Vertragsparteien,
  • Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses,
  • Arbeitsort und Tätigkeitsbeschreibung (es ist erforderlich, zumindest die wesentlichen Tätigkeitsmerkmale und das Aufgabenfeld des Arbeitnehmers sowie seine Funktionen spezifisch zu umschreiben),
  • Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts,
  • Arbeitszeit (Dauer, nicht Lage),
  • Dauer des jährlichen Urlaubs,
  • Kündigungsfristen,
  • Hinweis auf Kollektivvereinbarungen (Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das konkrete Arbeitsverhältnis anzuwenden sind).

TIPP:

Regeln Sie die grundlegenden Vertragsbedingungen am besten gleich im schriftlichen Arbeitsvertrag, damit später keine Unklarheiten entstehen.

Darüber hinaus müssen Sie auch während des laufenden Arbeitsverhältnisses besondere Nachweispflichten beachten. Nach § 3 Satz 1 Nachweisgesetz haben Sie Ihrem Arbeitnehmer jede Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen spätestens an dem Tag, an dem sie wirksam wird, schriftlich mitzuteilen. Schließen Sie beispielsweise mit der zuständigen Gewerkschaft erstmals einen Haustarifvertrag, müssen Sie Ihre Arbeitnehmer hierüber schriftlich unterrichten. Eine Ausnahme von der laufenden Nachweispflicht gilt nur dann, wenn sich die Änderung auf bestehende Regelungen im Gesetz, in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung bezieht.

Diese Folgen drohen bei Nichtbeachtung

  1. Ihr Mitarbeiter kann Sie auf Niederlegung, Unterzeichnung und Aushändigung der Niederschrift bzw. der Änderungsmitteilung verklagen.
  2. Erleidet der Arbeitnehmer einen Schaden aus dem fehlenden, fehlerhaften oder verspätet erteilten Nachweis, kann er Sie auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.
  3. Erteilen Sie den Nachweis nicht (rechtzeitig), dann braucht Ihr Mitarbeiter seine Arbeitsleistung nicht zu erbringen. Sie müssen Ihrem Mitarbeiter aber den Lohn weiterzahlen.
  4. Erstellen Sie pflichtwidrig keinen Nachweis, so wird im Zweifel den Behauptungen Ihres Mitarbeiters über den Vertragsinhalt Glauben geschenkt.

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Professor Dr. jur. Burkhard Boemke ist seit 1998 geschäftsführender Direktor des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht an der Juristenfakultät der Universität Leipzig. Er hat zahlreiche Bücher sowie Fachbeiträge zum Individual- […]