1. Lassen Sie Fehler zu – statt sie bloß zu „tolerieren“
Während andere Unternehmen Hochglanz-Broschüren über ihre Fehlerkultur drucken, hat Hastings Netflix so gebaut, dass man gar keine Hochglanz-Broschüren braucht: Mitarbeitende dürfen scheitern – weil sie die Chance bekommen, zu entscheiden.
Hastings hat Verantwortung radikal delegiert – nicht, weil er seinen Mitarbeitern übermäßig vertraut, sondern aus Pragmatismus: Nur wer entscheidet, kann innovativ scheitern und daraus lernen.
In vielen Unternehmen hängt Verantwortung wie ein nasser Waschlappen an Hierarchien fest. Entscheidungen werden doppelt und dreifach abgesichert, bevor überhaupt jemand die Courage hat, sie auszusprechen.
Hastings hat das umgedreht. Bei Netflix dürfen sogar Berufseinsteiger und -einsteigerinnen über Millionenbudgets entscheiden – wenn sie gute Argumente haben. Und ja, manchmal geht das schief. Aber viel häufiger funktioniert es erstaunlich gut.
2. Schaffen Sie Vertrauen durch Klarheit – nicht durch Kontrolle
Reed Hastings hat einmal gesagt: „Stellen Sie nur Erwachsene ein – und behandeln Sie sie dann auch so.“ Das klingt banal, hatte aber einen tiefgreifenden Kulturwandel im Unternehmen zur Folge.
Bei Netflix bedeutet das: keine Deadlines, keine Urlaubsanträge, keine Bürozeiten. Vertrauen ersetzt Kontrolle – aber nicht durch vorgetäuschte Kumpelhaftigkeit oder ein Wohlfühl-Ambiente, sondern durch glasklare Erwartungen.
Führung bedeutet hier nicht nur persönliche Nähe, sondern in erste Linie Präzision. Wer für Netflix arbeitet, weiß genau, wofür er oder sie bezahlt wird – und wird daran gemessen. Keine weichgespülten Zielvereinbarungen, keine endlosen Konsensrunden. Stattdessen: Klarheit über Ziele, Spielregeln und die Konsequenzen. Paradoxerweise weckt gerade diese Klarheit der Führung in den Mitarbeitenden Verantwortungsgefühl und Kreativität.
3. Es kommt nicht auf schöne Worte an – sondern auf das, was Sie wirklich zulassen
Netflix ist berüchtigt für seine Kultur der brutalen Ehrlichkeit. Feedback ist kein jährlicher Termin, sondern eine tägliche Pflicht. Klingt ungemütlich – ist aber hochproduktiv. Hastings hat früh verstanden: Die wahre Kultur eines Unternehmens zeigt sich nicht in gut klingenden, aber theoretischen Leitbildern der Firmenphilosophie, sondern darin, welche Verhaltensweisen tatsächlich geduldet werden.
Viele Führungskräfte reden von Transparenz – und tolerieren gleichzeitig, dass hinter verschlossenen Türen von oben herab entschieden wird. Sie fordern Feedback – und bestrafen es subtil mit Missachtung. Wer das zulässt, untergräbt seine eigene Autorität. Hastings hat rigoros an der Nicht-Toleranz gearbeitet. Wer nicht offen kommuniziert, fliegt – unabhängig von Leistung oder Loyalität.