Der Fachkräftemangel ist für die Wirtschaft ein ernstes Thema. Zwar liegt in Deutschland noch kein flächendeckender Mangel an Fachkräften vor, jedoch wird es in vielen Branchen zur zunehmenden Herausforderung, qualifizierte Mitarbeiter für vakante Stellen zu finden.
Die Gründe dafür sind vielfältig und die Lösungen für die Betriebe nicht immer einfach zu finden. Was dahinter steckt und welche Maßnahmen ein Unternehmen ergreifen kann, um im sogenannten War for Talents zu bestehen, erfahren Sie hier.
War for Talents: Definition und aktuelle Zahlen
Der Begriff „War for Talents“ wurde erstmals vom Beratungsunternehmen McKinsey vor etwa 25 Jahren ins Spiel gebracht. Wörtlich übersetzt bedeutet das „Kampf um Talente“ und bezeichnet die stellenweise immer schwieriger werdende Suche nach adäquaten Mitarbeitern. Damit sind nicht nur Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung gemeint. Auch Spezialisten und Experten mit Meister- oder Fachschulabschluss oder akademischem Abschluss zählen zu den gesuchten Arbeitnehmern.
Ein Beispiel für die schwierige Suche nach Spezialisten findet sich in der IT-Branche: Dort waren schon im Herbst 2017 etwa 55.000 Stellen unbesetzt. Die Corona-Pandemie hat den Mangel noch verschärft: Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln fehlten zwischen Juli 2019 und Juni 2020 in Deutschland durchschnittlich 324.731 Fachkräfte. Insbesondere die Altenpflege ist betroffen. Im untersuchten Zeitraum kamen nur zwölf Arbeitssuchende mit entsprechenden Qualifikationen auf 100 offene Stellen.
Dabei sind die Unterschiede in den Regionen erheblich. Beispielsweise macht sich der Mangel an qualifiziertem Personal in Baden-Württemberg am deutlichsten bemerkbar. Das Bundesland belegt schon seit 2011 den ersten Rang in puncto Fachkräftemangel, gefolgt von Thüringen und Rheinland-Pfalz.
Doch auch das Stadt-Land-Gefälle ist in Deutschland sehr groß. Die Unternehmen in großen Städten wie München, Hamburg oder Stuttgart haben weniger Probleme, freie Stellen zu besetzen. Das sieht in ländlichen Regionen schon ganz anders aus: Insbesondere der (Fach-)Ärztemangel macht die medizinische Versorgung in manchen Gegenden zur Herausforderung.
Was sind die Gründe für den Fachkräftemangel?
Die fortschreitende Globalisierung und eine wachsende Bevölkerung und Wirtschaft sind beispielsweise Ursachen für den zunehmenden Fachkräftemangel. Der War for Talents scheint sich daher auch noch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten fortzusetzen. Dem liegen aber auch noch weitere Aspekte zugrunde:
Wertewandel: Noch vor einigen Jahren war ein üppiges Gehalt das erstrebenswerteste Ziel. Das hat sich in den vergangenen Jahren einer großen Veränderung unterzogen: Nun streben junge Absolventen nicht mehr nur nach einem guten Lohn. Stattdessen sind softe Benefits wie flexible Arbeitszeiten oder eine ausgeglichene Work-Life-Balance für die jungen Mitarbeiter zunehmend wichtigere Aspekte. Unternehmen, die dies nicht bieten können, haben oft Schwierigkeiten, geeignete Mitarbeiter zu finden.
Globaler Wettbewerb: Zwar wurde sie durch die Corona-Pandemie ausgebremst, dennoch sind ihre Auswirkungen verstärkt spürbar – die Globalisierung macht auch vor der modernen Personalbeschaffung keinen Halt. Das heißt, Unternehmen müssen nicht mehr nur mit regionalen Nachbarunternehmen konkurrieren, sondern mit Unternehmen aus der ganzen Welt. Das stellt Herausforderungen an die Personalbeschaffung, an die sich Personaler oft noch herantasten müssen.
Demografischer Wandel: Nachfrage und Angebot bestimmen das Geschäft. Das trifft auch für den War for Talents zu: Während die Nachfrage nach qualifizierten Young Potentials steigt, gibt es durch die sinkende Geburtenrate langfristig immer weniger junge, gut ausgebildete Nachwuchskräfte.
Wer als Unternehmen am sogenannten War for Talents beteiligt ist, muss neue Wege beschreiten. Das heißt, auch auf das Personalmanagement und -marketing kommen neue Aufgaben zu. Denn nur, wer selbst „up to date“ bleibt, kann sich in Zeiten des Fachkräftemangels eine qualifizierte Belegschaft sichern.
Demografischer Wandel: Ein Faktor für den Fachkräftemangel
Der Begriff „demografischer Wandel“ ist in aller Munde. Doch was bedeutet das eigentlich genau? Das Wort „Demografie“ leitet sich von den griechischen Wörtern „demos“ (= Volk) und „gráphein“ (= schreiben) ab. Heute bezeichnet der demografische Wandel die Bevölkerungsentwicklung im Hinblick auf die Altersstruktur, Geburtenzahlen, Sterbefälle und Emigration.
Er ist schon heute in vielen Sphären des Lebens zu spüren. Dabei muss sich insbesondere die Wirtschaft auf die älter werdende Gesellschaft einstellen. Denn: Je Frau kommen in Deutschland nur noch 1,5 Kinder zur Welt. Somit wird es in Zukunft weniger Auszubildende und mehr ältere Arbeitnehmer in Unternehmen geben.
Was macht den demografischen Wandel in Deutschland aus?
In Deutschland zeichnet vor allem die sinkende Geburten- und Sterberate den demografischen Wandel aus. Seit den 1970er-Jahren ist zudem die Geburtenrate niedriger als die Sterberate – die Gesellschaft wird also immer älter. Gründe hierfür liegen in gesellschaftlichen und medizinischen Umbrüchen:
Wertewandel in der Gesellschaft: Die klassische Rollenverteilung von Mann und Frau ist heutzutage nicht mehr zeitgemäß. Nicht mehr nur Männer sorgen für den Familienunterhalt, sondern auch Frauen. Dabei sehen beide Partner oftmals eine schwer zu bewältigende Herausforderung darin, Familie und Beruf zu vereinen. Die Folge: Viele Arbeitnehmer verzichten entweder komplett auf die Familienplanung oder entscheiden sich nur noch für ein oder zwei Kinder.
Medizinischer Fortschritt: Die Menschen werden immer älter. Dafür sorgt einerseits der medizinische Fortschritt, andererseits auch bessere Arbeits- und Lebensbedingungen. Dies hat seit den 1970er-Jahren bis zum heutigen Tag eine Zunahme der Lebenserwartung von zehn Jahren zur Folge – bisher ohne Anzeichen einer Stagnation.
Was passiert, wenn der demografische Wandel so weitergeht?
Wenn die Geburten- und Sterberaten auf dem heutigen Niveau bleiben – so hat das Statistische Bundesamt berechnet – wird die Bevölkerungszahl in Deutschland von heute 82 Millionen Menschen auf etwa 67 bis 73 Millionen Menschen im Jahr 2060 sinken.
Jedoch wurde die Zahl im Jahr 2017 aufgrund der wachsenden Einwanderung aktualisiert: Nun gehen die Experten von einem Anstieg aus, durch den in Deutschland im Jahr 2060 etwa 76,5 Millionen Menschen leben werden. Dabei vermuten die Statistiker aber auch, dass der demografische Wandel je nach Region unterschiedliche Auswirkungen haben wird. So werden Städte weniger von einer schrumpfenden Bevölkerung betroffen sein als ländliche Regionen.
Demografischer Wandel: Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt
Der Wandel in der Bevölkerungsstruktur unterliegt vielen Faktoren. Daher ist es auch schwierig, vorherzusehen, welche Entwicklungen sich in der Zukunft stärker niederschlagen werden. Dennoch bleibt eines klar: Auch für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt ist der Bevölkerungswandel ein wichtiger Aspekt, dem Beachtung geschenkt werden sollte.
So wird die Belegschaft in Zukunft immer älter werden. Experten schätzen, dass in 2030 mehr Arbeitnehmer in der Altersgruppe von 65 bis 74 Jahren erwerbstätig sind, als Personen unter 20 Jahren. Mit diesem Anstieg des Durchschnittsalters rücken neue Themen in den Fokus des modernen Personalmanagements – wie eine adäquate Weiterbildung von langjährigen Mitarbeitern oder auch Gesundheitsmanagement.
Welche Auswirkungen hat der demografische Wandel nun für Unternehmen?
Der demografische Wandel stellt Arbeitgeber vor Probleme wie sinkendes Innovationspotenzial oder verminderte Leistungsfähigkeit durch ein höheres Durchschnittsalter. Kommen keine Fachkräfte nach, kann dies zu großen Einbußen führen. Denkbar sind dabei folgende Szenarien:
Sinkendes Innovationspotenzial: Wenn es immer weniger junge Menschen gibt, die den Betrieben nach ihrer schulischen oder universitären Ausbildung zur Verfügung stehen, so verliert die Wirtschaft eine wichtige Quelle an innovativen Denkern. Weniger junge High-Potentials resultieren nicht nur in einem Verlust von Know-how aus den Bildungssystemen. Es wird den Unternehmen im Rahmen der Personalbeschaffung auch immer schwieriger fallen, geeignete Auszubildende zu finden, an die sie ihr eigenes Wissen transferieren können.
Verminderte Leistungsfähigkeit: Eine immer älter werdende Gesellschaft steht auch mit der Leistungsfähigkeit in direktem Kontakt. Rückt das Rentenalter immer weiter nach hinten, müssen Menschen bis in ein höheres Lebensalter erwerbstätig bleiben. Zahlreiche Experten warnen daher von einem Absinken der Leistungsfähigkeit der Belegschaft – schlicht und ergreifend aus Altersgründen.
Der Fachkräftemangel ist somit ein Thema, das vor allem durch den demografischen Wandel vorangetrieben wurde. Die Suche nach geeigneten Mitarbeitern wird dadurch auch in Zukunft immer schwieriger werden: Nicht, weil die jungen Menschen schlechter ausgebildet wären, sondern weil es einfach insgesamt immer weniger Kandidaten geben wird.
Wenn Fachpersonal fehlt: Auswirkungen auf ein Unternehmen
Ein Betrieb, der keine passenden Arbeitnehmer für die unbesetzten Stellen findet, sieht sich mit etlichen Herausforderungen konfrontiert. Eine Umfrage hat ergeben, dass 41 % der betroffenen Firmen Schwierigkeiten damit haben, Deadlines einzuhalten.
Generell lassen sich Kundenerwartungen aufgrund der Mitarbeiterknappheit nur erschwert umsetzen. Nicht nur Partnerunternehmen stellt diese Tatsache vor Schwierigkeiten, auch Endverbraucher können von dieser Tendenz betroffen sein. Resultieren kann daraus beispielsweise ein Anstieg der Wartezeiten bei Dienstleistern oder Handwerkern.
Circa 20 % der befragten Führungskräfte gaben zudem an, dass auch ein Rückgang der Arbeitsmoral und der Produktivität mit dem Fachkräftemangel einhergeht. Eine Erklärung für dieses Phänomen könnte die gesunkene kompetitive Situation am Arbeitsplatz sein: Gibt es weniger Kollegen, welche die eigene Stellung im Unternehmen streitig machen können, sinkt die Motivation, eine gute Leistung zu erbringen. Arbeitnehmer bemühen sich demnach also weniger um den eigenen Arbeitsplatz. Sie wissen, dass die Personalverantwortlichen ihre Stelle nicht problemlos neu besetzen können.
Über eine hohe Mitarbeiterfluktuation berichten 17 % der Befragten. Dies liegt daran, dass konkurrierende Firmen versuchen, ihre freien Stellen durch das Abwerben von Arbeitnehmern zu besetzen. Damit geht auch die Tendenz einher, dass 14 % der Vorgesetzten angeben, erhöhte Kosten in Kauf zu nehmen, um Personal zu halten. Diese Entwicklungen machen deutlich, dass der Arbeitskräfteengpass eine große Herausforderung für die betroffenen Branchen darstellt.
Fachkräftemangel: Welche Berufe sind am stärksten betroffen?
Vor allem die MINT-Berufe – also Branchen mit Schwerpunkt Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – sowie Medizin- oder Pflegeberufe haben erhebliche Schwierigkeiten bei der Personalbeschaffung. In etwa 70 Berufen gebe es Personalengpässe auf Fachkraftniveau, zitierte die Welt am Sonntag im Oktober 2021 den Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele. Bei Sozialpädagogen sei die Lücke am größten mit einem Mangel von über 18.000 Arbeitnehmern.
Auch die Altenpflege sieht sich vor massiven Problemen, adäquat ausgebildetes Pflegepersonal zu finden: Zwischen Juli 2019 und Juli 2020 waren hier nur zwölf Arbeitssuchende für 100 offene Stellen verfügbar. In der Bauelektrik stand die Relation im Untersuchungszeitraum bei 19 Qualifizierten zu 100 Vakanzen. Akut ist die Situation auch in der Gesundheits- und Krankenpflege mit 22 passend qualifizierten Personen, die auf Arbeitssuche waren. Genauso fehlen Spezialisten bei Physiotherapie und Ergotherapie.
Folgende Branchen suchen oft vergebens nach Fachkräften:
- Hörgeräteakustik
- Bauelektrik
- Land-, Baumaschinentechnik
- Sanitär-, Heizung-, Klimatechnik
- Elektrische Betriebstechnik
- Automatisierungstechnik
- Gesundheits-, Krankenpflege
Die Branchen mit den meisten unbesetzten Stellen für Spezialisten mit Meister- oder Fachabschluss sowie Bachelorabsolventen ohne Berufserfahrung sind:
- Fachkrankenpflege
- Aufsicht und Führung in Medizin-, Orthopädie-, Rehatechnik
- Physiotherapie
- Versorgung, Entsorgung
- Tiefbau
- Sprachtherapie
Diese Branchen sind dabei nicht repräsentativ für den gesamten Arbeitsmarkt. In vielen Berufen lässt sich nicht von einem Fachkräftemangel sprechen. Ist ein Fachbereich allerdings von einem Engpass an qualifizierten Arbeitskräften betroffen, kann dies weitreichende Folgen haben.
Die Suche nach Fachkräften: Geeignete Maßnahmen für Unternehmen
Die Frage, was Firmen tun können, um den demografischen Wandel auszugleichen, beschäftigt Experten schon länger. Die Auswirkungen sind auch heute schon spürbar und werden sich in den kommenden Jahren weiter verstärken. Daher ist es wichtig, dass die Unternehmen schon frühzeitig personalpolitische Entwicklungen angehen, um sich auf einen Personalmangel einzustellen.
Strategien sind beispielsweise ein attraktives Employer Branding, ein passender Imagefilm, gute Kritiken auf Arbeitgeberportalen und eine gut gestaltete Karriereseite. Insgesamt stehen Personalabteilungen hier vor der Herausforderung, kreative und zeitgemäße Recruiting-Ideen umzusetzen, die die Aufmerksamkeit der Bewerber erregen. Im Hinblick auf das Personalmanagements ist insbesondere zu beachten, dass junge Arbeitnehmer eine lebenswerte Work-Life-Balance und oft auch attraktive Sonderleistungen begrüßen.
Besonders wichtig: Schon rechtzeitig sollten Führungskräfte und ihre Personalabteilungen an nachhaltigen Altersstrukturen arbeiten und auch an die Weiterbildung und Anstellung älterer Mitarbeiter denken. Das ist zum einen notwendig, da es nicht alleine ausreichen wird, jungen Nachwuchs in die eigenen Reihen aufzunehmen. Die Nachfrage nach Mitarbeitern das „Angebot“ an jungen Kräften nämlich aller Wahrscheinlichkeit nach bald übertreffen.
Zum anderen bringen gerade ältere Arbeitnehmer viel Wissen und Kenntnisse mit – nicht nur Know-how, sondern auch Soft Skills – die sich in Teams gut einsetzen lassen. So können die Generationen voneinander lernen und profitieren.
Dem Fachkräftemangel begegnen: Employer Branding im War for Talents
Employer Branding bedeutet, die Arbeitgeber-Attraktivität zu steigern. Folgende Aspekte können hierzu beitragen:
Spannende Weiterbildungsmöglichkeiten
Entwicklungsperspektiven sind für viele Arbeitnehmer ein wichtiger Aspekt, wenn es um die Auswahl der nächsten Arbeitsstelle geht. Mentoren- oder spezielle Einarbeitungsprogramme sind dabei genauso zu nennen wie interessante Fortbildungsseminare. Auch Weiterbildungen mit Blick auf benachbarte Themen schaffen für lernwillige Mitarbeiter Perspektiven, die sie langfristig ans Unternehmen binden. Die Möglichkeit des lebenslangen Lernens sollte bereits die Stellenausschreibung kommunizieren.
Flexible Arbeitszeiten
Die Digitalisierung führt dazu, dass Arbeitnehmer nicht mehr unbedingt persönlich zur Arbeit erscheinen müssen. Eine Folge dessen sind flexible Arbeitszeitmodelle. Daher erwarten vor allem die jungen Kollegen von einem guten Arbeitgeber auch, dass er ihnen eine eigenständige Arbeitszeitplanung einräumt. Doch Vorsicht: Hier sollte nicht eine Altersgruppe bevorzugt werden. Denn auch die ältere Belegschaft wird flexible Arbeitszeiten als Bereicherung für sich entdecken.
Work-Life-Balance
Mit flexiblen Arbeitszeitmodellen geht eine ausgeglichene Work-Life-Balance einher. Aber auch weitere Sonderleistungen, die das Leben lebenswert machen, sind für viele Mitarbeiter ein wichtiger Faktor bei der Auswahl ihrer Arbeitsstelle.
Dazu zählen beispielsweise gesundheitsfördernde Angebote. Viele Unternehmer werben schon heute mit einem betriebsinternen Fitnessstudio oder mit Seminaren, die verschiedene gesundheitsbezogene Themen aufgreifen. So wird firmeninternes Gesundheitsmanagement zum zentralen Thema in den Personalabteilungen der Zukunft.
Identifikation mit dem Unternehmen
Gemeinsame Werte und gegenseitiges Vertrauen spielt für Unternehmen und ihre Mitarbeiter eine immer wichtigere Rolle. So interessieren sich laut einer StepStone-Studie bereits 58 % der jungen Arbeitnehmer für die Philosophie eines Unternehmens: Die Mitarbeiter möchten sich mit ihrem Arbeitgeber und dessen Werten und Zielen identifizieren.
Insbesondere im Hinblick auf Umweltthemen sind Nachwuchskräfte heute sensibilisiert. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, eigene Werte im Sinne eines attraktiven Employer Branding bereits im Recruitingprozess an die Bewerber zu kommunizieren.
Corporate Benefits
„Softe“ Pull-Faktoren wie Gleitzeit oder ein Dienstwagen sichern den Unternehmen nicht nur eine geringe Fluktuationsrate: Auch Bewerber, die neben einem angemessenen und attraktiven Gehalt von Zusatzleistungen profitieren können, werden sich eher für ein Unternehmen entscheiden, das solche Benefits bietet.
Die Arbeitgeber-Attraktivität spielt bei dem Anwerben neuer Arbeitskräfte eine wichtige Rolle. Ist das Stellenangebot größer als die Nachfrage, können Arbeitnehmer ihre Ansprüche erhöhen. Mit den genannten Punkten ergeben sich für Unternehmen viele Handlungsfelder, um sich einen Ruf als attraktiver und erstrebenswerter Arbeitgeber zu erscheinen.
Personalbeschaffung: Was kann Recruiting im War for Talents leisten?
Kreative Recruitingprozesse können dabei helfen, geeignete Kandidaten für eine vakante Stelle zu finden. Als Strategien bieten sich Moderne Medien, Karrierenetzwerke und Messen sowie ein gut durchdachter Bewerbungsprozess an. Im Folgenden ein Überblick darüber, was hinter diesen Begriffen steckt:
Candidate Journey: Personaler sollten den Werdegang eines Kandidaten von der Bewerbung bis zum Vertragsabschluss begleiten. Dies ist wichtig, da es für viele Arbeitnehmer vor allem auf schnelle Antwortzeiten, individuelle Termine und Absprachen ankommt. Bewerber sollten das Recruitingverfahren als generell unkompliziert empfinden. Viele verschiedene Ansprechpartner schrecken hier eher ab.
Aktives Suchen: Karrierenetzwerke wie Xing oder LinkedIn haben heutzutage einen festen Stellenwert bei vielen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Aber auch Personalvermittlungen und Karrieremessen sollte man nutzen, um aktiv neue Kandidaten zu rekrutieren. Kommunikations- und Rekrutierungswege wie Active Sourcing bieten sich an, um aktiv nach neuen Mitarbeitern mit passenden Kompetenzen zu suchen und diese gezielt anzusprechen.
Moderne Medien: Auch Social-Media-Kanäle können für einen modernen Recruitingprozess hilfreich sein. Hier lassen sich vor allem junge Arbeitnehmer sowie Auszubildende erreichen. Freie Stellen sollten in kreativer Weise ausgeschrieben werden, um sich die Aufmerksamkeit der Online Community zu sichern.
Bereits beim Recruiting des neuen Personals können Führungskräfte im Sinne eines modernen Personalmarketings also zahlreiche Maßnahmen ergreifen, um die Mitarbeiterlücke zu schließen. Gefragt sind dabei vor allem Flexibilität und Kreativität.
Ist ein geeigneter Bewerber gefunden, so sollten Personalverantwortliche den Einstellungsprozess zügig gestalten. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass potenzielle Mitarbeiter in der Zwischenzeit nicht von der Konkurrenz abgeworben werden oder das Interesse verlieren.
Das Potenzial der Generationen ausschöpfen
Personaler sollten zudem beachten, dass verschiedene Generationen unterschiedliche Potenziale bergen, dem Fachkräftemangel zu begegnen. Von Schulabgängern bis hin zu Senioren können Arbeitnehmer aus verschiedenen Altersgruppen für das Besetzen einer freien Stelle in Betracht kommen. Folgende Anforderungen stellen die verschiedenen Gruppen:
Auszubildende: Schulabgänger haben die Möglichkeit, strukturelle Defizite im Arbeitsmarkt dauerhaft zu beseitigen. Unternehmen stehen in der Verantwortung, die Arbeitnehmer von morgen für die Berufe auszubilden, in welchen ein Mangel besteht.
So lassen sich eigene Fachkräfte mit passgenauen Kompetenzen heranziehen. Ist die Ausbildung in einer Firma attraktiv gestaltet, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Azubi dazu entschließt, dauerhaft im Ausbildungsbetrieb zu arbeiten.
Eltern: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein Aspekt, der für viele Arbeitnehmer an Relevanz gewinnt. Personalverantwortliche sollten auf diese Entwicklung reagieren, indem sie beispielsweise die Rückkehr nach einer Familienpause erleichtern. Auch das Vereinfachen des Übergangs von Teil- in Vollzeit kann dazu beitragen, freie Stellen für Eltern attraktiver zu gestalten.
Senioren: Um das volle Arbeitskräftepotenzial auszuschöpfen, sollte man auch ältere Arbeitnehmer für das Besetzen von freien Stellen in Betracht ziehen. Hiervon profitiert das Unternehmen zusätzlich, da diese Mitarbeiter langjährige Erfahrung mitbringen. Ihr Know-how kann die ältere Generation an die jüngere weitergeben und so zur Qualitätssicherung eines Betriebs beitragen. Von daher: Nicht generell vor einem Anstieg des Durchschnittsalters zurückschrecken.
Ausländische Arbeitskräfte: Aufgrund der Globalisierung lassen sich Probleme wie der Fachkräftemangel auch international lösen. Stellenanzeigen sollten Personalverantwortliche überregional und auf Englisch ausschreiben. Vor allem qualifizierte Kräfte aus dem Ausland sollten bei der Personalauswahl Beachtung finden.
Ein großes Potenzial birgt auch die Zuwanderung: Migranten und Menschen mit Asyl-Hintergrund können, richtig ausgebildet, dazu beitragen, die Personallücke zu schließen. Eine hochqualifizierte Fachkraft aufgrund fehlender Sprachkenntnisse vom Bewerbungsprozess auszuschließen, erweist sich oft als Fehler: Äußere Umstände erschweren es Migranten, ihre Kenntnisse von vornherein aufzuholen, sodass High-Potentials in Jobs stecken bleiben, die ihren Qualifikationen nicht angemessen sind. Unternehmen sollten hier über Kooperationen mit Sprachschulen oder firmeninterne Kursblöcke nachdenken.
Wer sich beim Recruiting offen zeigt, kann ungeahnte Potenziale nutzen und dem Fachkräftemangel auf einer neuen Ebene begegnen.
Fazit: Das können Unternehmen gegen den Fachkräftemangel tun
Unternehmen, die von einem Personalmangel betroffen sind, sollten sich davon lösen, nur nach Perfect-Match-Kandidaten zu suchen. Gibt man Arbeitskräften aus verschiedenen Generationen die Chance, Teil des Teams zu werden, kann ein Betrieb von der damit verbundenen Innovationskraft profitieren. Verschiedene Stärken, Qualifikationen und Ansätze treffen aufeinander. Dadurch kann eine betriebsinterne Dynamik entstehen, die zur Weiterentwicklung aller Beteiligten führt.
Genauso kann sich die Chance auszahlen, zum Beispiel fehlende Sprachkenntnisse intern aufzuholen – oder Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, einen entsprechenden Kurs zeitlich mit Arbeit und Familie vereinbaren zu können.
Grundsätzlich gilt es im War for Talents, nicht nur neue Mitarbeiter zu gewinnen. Wer sich als fairer und transparenter Arbeitgeber ein gutes Image aufbaut, kann Bestandspersonal halten. In Zeiten des Fachkräftemangels ist dies ein wichtiger personalpolitischer Ansatz.
Denn: Bleiben Ihre Mitarbeiter im Unternehmen, sparen Sie sich teure Rekrutierungsmaßnahmen und halten bestehendes Wissen im Betrieb. Sind die Mitarbeiter dann auch noch zufrieden mit ihrer Arbeit, haben sie das Potenzial, als Botschafter für Ihr Unternehmen zu fungieren. Mitarbeiterzufriedenheit ist ein wichtiges Aushängeschild, das gerne kommuniziert werden darf.