Frauen in Führungspositionen: Probleme und Lösungen

Frauen in Führungspositionen: Probleme und Lösungen

Für viele Frauen bleibt der Wunsch, in Führungspositionen immer noch unerfüllt. Insbesondere dann, wenn gleichzeitig der Wille besteht, Familie zu gründen. Doch was genau hindert Frauen daran, als Karriere zu machen und als Führungskraft zu arbeiten? Was erschwert ihnen den Weg nach oben und wie lässt sich die aktuelle Situation womöglich ändern?

    Frauen als Führungskräfte: Geringer Frauenanteil in Führungsetagen

    Während fast die Hälfte aller Erwerbstätigen in Deutschland Frauen sind, sind laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamts aber nur etwa 28 Prozent der Führungspositionen von einer Frau besetzt (Stand 2020). Doch liegt das tatsächlich nur an der Mutterrolle und der damit verbundenen „Zwangspause“, die viele Frauen früher oder später übernehmen? Die Antwort ist komplex und lautet nicht eindeutig ja.

    Führungsetagen sind männerdominiert

    Die sogenannte „Gläserne Decke“ scheint viele qualifizierte Frauen davon abzuhalten, eine Führungsposition zu übernehmen. Bei dieser Hürde handelt es sich nicht um einen einzigen Faktor. Gemeint sind vielmehr mehrere verschiedene Einflüsse, die es Frauen erschweren, in hohe Positionen zu gelangen. Als wesentlich erweist sich das Verhalten von Männern in höheren Stellungen. Kulturell bedingt hat sich eine Praxis entwickelt, die Frauen (noch immer) zur Minderheit macht und mitunter auch als solche behandelt. Eine solche Benachteiligung passiert häufig nicht bewusst und geht nicht nur Männern aus, ist jedoch fest in der Gesellschaft verankert.

    Hürden für Frauen in Führungspositionen lassen sich also durch historisch gewachsene Strukturen erklären. Sie schreiben Männern einen anderen Status zu als Frauen. Das ist auch heute noch der Fall. Selbst wenn wesentliche politische Schlüsselpositionen von Frauen besetzt werden und auf den ersten Blick keine offenkundigen Benachteiligungen mehr zu fassen sind.

    Neben solchen unterbewusst verinnerlichten Verhaltensweisen ist die Rolle der Frau als Mutter nicht zu vernachlässigen. Während Männer einem Lebensalter von 30 Jahren den Aufstieg in Führungspositionen anvisieren, ist dieses Alter für Frauen oft der richtige Zeitpunkt, aktiv über die Kinderplanung nachzudenken. Die Schwangerschaft und der Beginn des Mutterseins verhindern weitere Karriereschritte in diesem Zeitraum oder gestalten den beruflichen Aufstieg zumindest wesentlich aufwendiger. Eine Tatsache, die viele Mütter vor die Frage stellen: Familie oder Beruf? Und wie kann ich beides vereinen?

    Wie lassen sich Familie und Beruf vereinen?

    Dass Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert sind, liegt oft auch an den Unternehmen. Zu beobachten ist häufig, dass Frauen sich in großen Unternehmen schwerertun, nach einer Pause wieder in ihren Beruf einzusteigen. Hierarchien scheinen mit steigender Größe einer Firma stärker gefestigt zu sein. Da Verantwortliche Karrieren in großen Unternehmen oft langfristig und einheitlich planen, bleibt selten Handlungsspielraum. Nur durch Flexibilität und individuelle Organisation können Personalbeauftragte Kinder- und Erziehungspausen berücksichtigen. So lässt sich schließlich der Weg für Frauen in Führungspositionen ebnen.

    Mittelgroße bis kleine Unternehmen haben das Potenzial, diese flexible Strukturierung eher zu gewährleisten. Solche Firmen sind jedoch mit einer anderen Herausforderung konfrontiert. Denn gehen Frauen in Mutterschutz und anschließende Elternzeit, ist das mit einem enormen personellen und somit auch finanziellen Mehraufwand verbunden. Ein Faktor, der Sprengkraft hat, insbesondere dann, wenn die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens womöglich ohnehin angespannt ist. Hier wäre es wünschenswert, politische Ansätze – beispielsweise konkrete Zuschüsse für KMU – zu entwickeln, die eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf insbesondere für Frauen ermöglichen. Denn gerade Frauen haben oftmals Schwierigkeiten, sich mit Männern im direkten Wettbewerb um eine Stelle zu behaupten. Vor allem dann, wenn Arbeitgeber die finanzielle (Mehr-)Belastung, die mit einer schwangeren Mitarbeiterin verbunden sind, ins Zentrum rücken.

    Dass Frauen in Führungspositionen deutlich weniger vertreten sind als Männer, hat also viele verschiedene Gründe. So tragen einerseits gewachsene historische und gesellschaftliche Strukturen einen großen Anteil am Status quo in den Führungsetagen. Andererseits lassen sich auch handfeste biologische Unterschiede und mangelnde politische Ausgleichsmaßnahmen als Ursachen identifizieren.

    Falsche Vorurteile: Sind Frauen nicht für Führungspositionen geeignet?

    Ohne Frage: Es gibt einen Unterschied zwischen der Art, wie Männer als Führungskraft agieren und der, wie Frauen handeln. Das hängt nicht nur mit historisch gewachsenen sozialen Strukturen sowie fest in den Köpfen verankerten Männer- und Frauenbildern zusammen. Erneut tritt der scheinbar unüberwindbare Spagat zwischen Familie und Beruf in den Vordergrund.

    Häufig nehmen Frauen ihre Arbeitsweise, ihre Erfolge und ihr Verhalten am Arbeitsplatz anders wahr als Männer. Frauen, die sowohl ihr privates Umfeld berücksichtigen als auch beruflich aktiv sein wollen, treffen in Unternehmen oft auf männliche Kollegen, die sich verstärkt auf ihre Karriere konzentrieren. Dabei erscheinen die Mitarbeiterinnen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen unentschlossener und zögerlicher, da sie ihren Fokus nicht ausschließlich auf die berufliche Laufbahn legen.

    Gerade für Posten in der Führungsetage eines großen Unternehmens müssen Anwärter lange und konstant Interesse und vor allem unmissverständliches Engagement zeigen. In vielen Fällen geben Firmen konkrete Laufbahnen vor, die dauerhafte Präsenz und Investitionen von den Mitarbeitern verlangen. Aspekte, die Frauen nur schwer einhalten können, wenn sie ebenso und unter Umständen zur gleichen Zeit eine Familie gründen möchten.

    Eine Folge aus den biologisch, aber auch den kulturell gewachsenen Unterschieden zwischen Mann und Frau ist demnach häufig ein vorsichtigeres Verhalten im Umgang mit Vorgesetzten sowie sozial orientierte Handlungen am Arbeitsplatz. Frauen meiden in vielen Fällen eher Konflikte und passen sich an.

    Obwohl diese Eigenschaften nicht negativ zu betrachten sind, scheint sich ein Teufelskreis in Gang zu setzen: Vorsichtiges Verhalten wird womöglich als schüchtern wahrgenommen. Mit der Zeit entwickelt sich so ein gefestigtes Bild von der Arbeitsweise „der Frau“ – das jedoch durch subjektive Wahrnehmungen beeinflusst ist. Dieser Aspekt wirkt sich nicht zuletzt auch auf die stark maskulin geprägte Zusammensetzung von Führungsgremien und den geringen Frauenanteil beispielsweise in Aufsichtsräten aus.

    Gründen weniger Frauen ein eigenes Unternehmen?

    Nicht nur als Arbeitnehmerinnen sind Frauen in Führungsetagen unterrepräsentiert. Ein Blick auf die Zahlen beweist, dass Frauen zudem deutlich seltener gründen als Männer: So sind nur knapp 15 Prozent aller Gründer von Start-ups in Deutschland weiblich – das legt der Bericht des Deutschen Start-up Monitors 2017 dar.

    Dieses Phänomen entwickelt sich schon früh und lässt sich beispielsweise bei Schul- und Hochschulwettbewerben zum Thema Start-ups beobachten. Die Problematik liegt wohl einerseits in der Interessenaufteilung der Geschlechter. Während sich Männer häufig stärker für technische Berufe interessieren und Arbeitsfelder aus dem MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) anstreben, wählen Frauen eher Tätigkeiten aus dem sozialen Bereich sowie künstlerische und kreative Berufe – das sind keine typischen Start-up-Branchen, die allesamt eher technikaffin sind.

    Und auch die Arbeitsweise bzw. die Risikoaffinität von Frauen und Männern ist eine mögliche Ursache für die oben genannten geschlechtsspezifischen Unterschiede. Tendenziell scheinen weibliche Unternehmerinnen ihre Planungen genau durchdenken zu wollen, weshalb die Organisation mehr Zeit und Aufwand kostet. Zudem legen Frauen gemeinhin mehr Wert auf Absicherung – eine Tatsache, die gegen eine Existenzgründung im sehr risikobehafteten und mitunter kapitalintensiven Start-up-Bereich spricht und auch hier einen Geschlechterunterschied markiert.

    Ist die Frauenquote eine gute Lösung für mehr Frauen in Führungspositionen?

    Das (mangelnde) Gleichgewicht zwischen Männern und Frauen in Chef- und Führungsetagen ist ein viel diskutiertes Thema. Dem widmet sich nicht nur die mediale Öffentlichkeit, sondern auch die Politik. So verfolgt die Regierung das Ziel, mehr Frauen als Führungskräfte einzusetzen und verabschiedete im Jahr 2015 das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“. Ziele und Weiterentwicklung passen Verantwortliche regelmäßig an, um die Situation sukzessive zu verbessern. Doch sind solche politischen Maßnahmen ein fruchtbarer Weg, um mehr Geschlechtergleichheit in der Arbeitswelt herzustellen?

    Sobald es um die Erhöhung der Anzahl von Frauen in Führungspositionen geht, kommen Gespräche häufig auf das Thema der Frauenquote. Die Meinungen zu dieser Maßnahme, Frauen schnell und sicher in Führungsetagen zu bringen, variieren stark. Während Unterstützer der Idee die Quotenlösung als Chance erkennen, sehen Gegner in der Frauenquote die Gefahr, dass weibliche Führungskräfte nur wegen ihres Geschlechts und nicht aufgrund ihrer Kompetenz eine Führungsposition bekleiden.

    Ob die Quote für Frauen in Führungspositionen eines Unternehmens als Übergangslösung funktioniert, ist fraglich. Sicher ist jedoch, dass Gesellschaft und Firmen ein Problembewusstsein entwickeln und den Schwerpunkt für das Finden einer Lösung langfristig anders legen sollten: Die Arbeitsbedingungen und Karrierechancen müssen sich für Frauen – aber auch für Männer – so verändern, dass berufliche Möglichkeiten und die Umstände in Unternehmen mit den Ansprüchen von Familie und Privatleben vereinbar sind.

    Gehälter in Führungspositionen: Lohnlücke zwischen Mann und Frau

    Ob Frauenquoten Sinn ergeben, ist viel diskutiert. Medialer und auch gesellschaftlicher Konsens besteht jedoch darin, dass Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen nicht tragbar sind. Und dennoch sprechen die Zahlen für sich: Eine Erhebung der Hans-Böckler-Stiftung belegt, dass der Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen in Deutschland – die sogenannte Gender Pay Gap – im Durchschnitt zwischen 22 und 23 Prozent beträgt.

    Gender Pay Gap vor allem in Führungsetagen ein Thema

    Dabei variiert die Differenz zwischen dem Lohn von Männern und Frauen je nach Branche. Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ist der Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern besonders in Führungsetagen groß: Frauen verdienen dort durchschnittlich nur etwa 70 Prozent von dem, was Männer in der gleichen Position erhalten. Die Gender Pay Gap liegt hier also bei etwa 30 Prozent. Doch wie lässt sich dieser Gehaltsunterschied erklären?

    Die Begründung für die Lohnunterschiede beziehen sich vor allem auf die beruflichen Pausen, welche die Lebensläufe von Frauen aufgrund von Familiengründung und Erziehungszeit prägen. Mit der Kinderpause geht nicht nur weniger Berufserfahrung einher, sondern auch ein markanter Einschnitt im Lebenslauf. Eine Zeit, in der Frauen oftmals völlig aus dem Berufsleben gerissen sind, Neuerungen und Veränderungen schlicht und ergreifend nicht miterleben.

    All das sind Dinge, die die Lücke in der Gehaltsverteilung rechtfertigen (sollen). Als weiterer Grund für die Gender Pay Gap wird die Tatsache genannt, dass Frauen häufiger in Berufen – beispielsweise im sozialen Bereich – tätig sind, in denen das Einkommensniveau deutlich niedriger ist als in männerdominierten Branchen.

    Wie lässt sich das Gender Pay Gap ausgleichen?

    Auch wenn einige Begründungen für die Gender Pay Gab in Teilen nachvollziehbar erscheinen, ist eine solche Lohnlücke im Hinblick auf die Gleichstellung von Mann und Frau in der Arbeitswelt nicht tragbar. Nur wenn die Weichen – so unter anderem eine gleiche Vergütung und mehr Arbeitszufriedenheit – gestellt sind, lassen sich komplexere Themen einfacher und ohne Quotenregelung umsetzen.

    Doch welche Maßnahmen bieten sich an, um Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau zu beseitigen und mehr Gleichheit auf dem Arbeitsmarkt zu etablieren?

    • Familienorientierte Arbeitszeitgestaltung: Die Bedingungen am Arbeitsplatz und vor allem die Gestaltung der Arbeitszeiten müssen sich stärker an die Bedürfnisse der Arbeitnehmer anpassen. Nur so können Arbeitgeber sicherstellen, dass ihnen qualifizierte Mitarbeiter – egal ob Mann oder Frau – erhalten bleiben.
    • Wandel der Kultur: Da sich der Charakter der Arbeitswelt heutzutage stark verändert, müssen sich auch die Werte in Unternehmen ändern. Dabei sollten beispielsweise Chancengleichheit sowie eine Aufhebung der Gender Pay Gap die Richtung weisen und nicht mehr als Ziel diskutiert, sondern als Normalzustand umgesetzt werden.
    • Flexibilität und Transparenz: Um eine nachhaltige und schnelle Veränderung zu ermöglichen, sollten Zuständige Zahlen und Fakten offenlegen. Auf diese Weise beweisen Unternehmen ihren kulturellen Wandel. Zudem sollten sie auch Maßnahmen darlegen, die sie ergreifen, um die Flexibilität und Arbeitszufriedenheit ihrer Mitarbeiter zu steigern.

    Um auf die aktuellen Umstände eingehen und am Puls der Zeit bleiben zu können, sollten Unternehmen mehr Flexibilität zeigen. Dabei sollten Verantwortliche die Entwicklungen in ihren Firmen schneller vorantreiben, als es bisher passiert ist. Insgesamt betreffen die Ansatzpunkte also nicht nur das Gehalt der Mitarbeiter, sondern die gesamte Arbeitskultur. Sie wirkt sich schlussendlich auch auf die Zusammensetzung der Führungsetagen aus. Spricht man jedoch über Führung, sollte eine wesentliche Sache nicht unter den Tisch fallen – die Belastungen, denen Führungskräfte in ihrer Rolle als Manager, Personalverantwortliche und Allrounder ausgesetzt sind.

    Welche Belastungen haben Frauen in Führungspositionen?

    Die Rolle einer Führungskraft bringt verschiedene Aufgaben mit sich, die nicht selten auch mit psychischen und physischen Belastungen verbunden sind. Dabei wirken diese Beanspruchungen nicht nur auf Frauen im Speziellen, sondern auf Führungskräfte generell. Schwierigkeiten, mit denen Vorgesetzte häufig konfrontiert werden, sind unter anderem:

    • Hohes Maß an Verantwortung
    • Große Zahl an Konflikten
    • Wenig positives Feedback
    • Mangelnde soziale Unterstützung
    • Hohes Stresslevel

    Obwohl diese Faktoren sowohl auf Frauen wie auch auf Männer in Führungspositionen einwirken, sind Aspekte wie die soziale Unterstützung besonders für Frauen wichtig. Da weibliche Führungskräfte in Unternehmen meistens in der Unterzahl sind, ist Unterstützung durch andere Frauen oder Gleichgesinnte essenziell. Fällt diese Stütze gering aus, können andere Faktoren noch belastender auf das Individuum wirken.

    An dieser Stelle ist es wichtig zu beachten, dass belastende Einflüsse immer individuell und speziell in einer konkreten Situation betrachtet werden müssen. Um negative Faktoren abzuschwächen und die Belastung der Führungskräfte zu verringern, müssen Verantwortliche den Mitarbeiter als Persönlichkeit mit individuellen Eigenschaften betrachten und zusätzlich die Belastungssituation prüfen. Hier steht insbesondere das Individuum im Fokus – egal, ob Mann oder Frau.

    Autorin: Johanna Wirsing